Eigentlich heißt der britische Künstler Rich McCormack. Für den WDR ist er im vergangenen Herbst das zweite Mal nach NRW gekommen und hat mit seinen Scherenschnitten Sehenswürdigkeiten in ein anderes Licht gerückt. Lokalzeit.de hat mit dem Künstler gesprochen.
Lokalzeit: Warum war es für Sie als Künstler interessant, nach NRW zu kommen und hier Ideen umzusetzen?
Paperboyo: Es gibt in NRW eine wirklich interessante Vielfalt an Architektur. Der Alte Flecken in Freudenberg ist sehr traditionell und schön. Das Uniklinikum in Aachen ist modern, urban, in vielerlei Hinsicht ein irgendwie verrücktes Gebäude. Es hat einfach Spaß gemacht und war aufregend, so eine unterschiedliche Mischung zu haben und Inspiration zu finden.
Wie viel NRW steckt in den Clips?
Lokalzeit: Inwiefern haben die Kultur, Geschichte und Menschen in NRW Ihre Arbeit beeinflusst?
Paperboyo: Wir haben überlegt, ob wir einige der lokalen Geschichten einbringen können. Ich habe mich im Vorfeld mit den Märchen der Gebrüder Grimm und ländlichen Folklore und Geschichten beschäftigt. Bei der Drachenburg war eine der ursprünglichen Ideen, etwas mit einem Drachen zu machen. Aber das wäre irgendwie zu offensichtlich gewesen. Der Alte Flecken sah für mich wie ein märchenhafter Ort aus. Das hat mich inspiriert, etwas Verträumtes und Verspieltes zu machen. Manchmal ist es einfach das Gebäude selbst. Bei der Skischanze in Winterberg dachte ich sofort: Das sieht aus wie gespreizte Beine, als würde jemand eine Gitarre halten. Das hat natürlich nicht wirklich etwas mit der Gegend zu tun. Aber das ist ja auch der Spaß daran und das Überraschungselement.
Lokalzeit: Die Ideen kommen also auf ganz unterschiedlichen Wegen?
Paperboyo: Ja, es gibt nicht wirklich eine Formel und ich glaube, das macht den Spaß aus. Nicht einmal ich weiß, wo die Idee herkommen wird. Das ist dann auch für mich überraschend.
Lokalzeit: Haben Sie ein persönliches Lieblingsmotiv bei den neuen Aufnahmen?
Paperboyo: Ich bin mit allen Ergebnissen sehr zufrieden. Ich mag das Polaroid-Foto in Dortmund sehr, das ist wahrscheinlich eines meiner Lieblingswerke. Da ist irgendwie etwas total Ansprechendes an der Mischung aus Animation, dem Gebäude und Ort. Es fängt die Umgebung mit dem Radfahrer gut ein. Und das Polaroid ist dann auch ziemlich überraschend. Aber ich freue mich wirklich über alle Ergebnisse, weil sie alle sehr unterschiedlich sind. Wir haben bei diesem Projekt viel mit Animation gespielt. Das hat uns etwas mehr Kreativität und mehr Flexibilität bei den Ideen ermöglicht.
Wo es Paperboyo in den Fingern juckt
Lokalzeit: Was möchten Sie mit Ihren Werken bei Ihrem Publikum auslösen?
Paperboyo: Es bringt die Menschen hoffentlich dazu, die Umgebung ein bisschen anders zu betrachten, nach Geschichten zu suchen, den Horizont ein bisschen zu erweitern. Es ist ein bisschen wie mit einem Kind, das sich die Wolken ansieht und nach verschiedenen Formen sucht. So ähnlich ist es bei meiner Kunst auch. Sie löst eine Art von Spielerei im Kopf aus. Man erkennt das Klinikgebäude in Aachen als solches, aber wenn man Papierausschnitte hinzufügt, sind es auf einmal Schwimmbahnen. Menschen werden mit Orten und der eigenen Umgebung nach einer gewissen Zeit sehr vertraut. Sie vergessen, dass auch sie diese Geschichten und das Spielerische erschaffen können. Niemand braucht keine riesigen Produktionsteams und all das Zeug. Alles, was sie brauchen, sind Papierausschnitte und Fantasie.
Lokalzeit: Wenn Sie sich aussuchen könnten, noch ein Motiv in NRW abzulichten, welches wäre das?
Paperboyo: Ich würde gerne noch einmal nach Bonn zur Bundeskunsthalle und den coolen blauen Kegeln auf dem Dach zurückkehren. Sie kennen sicher den Satz: 'Es liegt mir auf der Zunge.' So ging es mir dort in Bonn - nur, dass es die Idee war. Deswegen würde ich gerne nochmal zurückgehen, um diesen Aha-Moment zu erleben, wenn ich die Idee greifen kann.
Über Lieblingsmotive und enge Terminkalender
Lokalzeit: War etwas anders als bei der ersten Kampagne, die Sie für den WDR gemacht haben?
Paperboyo: Es gibt mehr Bewegung und mehr Soundeffekte, um die Videos zum Leben zu erwecken. In dem Polaroid-Video zum Beispiel gibt es einen Blitz-Soundeffekt und den Ton, wenn das Foto aus der Kamera kommt. Ich denke, dass all diese kleinen Dinge zusammen dazu beitragen, die Videos noch ein bisschen lebendiger zu machen. Es macht sie noch fesselnder und lustiger. Wir wollten natürlich aber auch nicht, dass sie sich stark von dem unterscheiden, was wir beim letzten Mal gemacht haben.
Einige beim ersten Besuch entstandenen Motive gibt es übrigens hier zu sehen:
Lokalzeit: Wie wirkt sich die Erfahrung dieses Projekts auf Ihre zukünftige Arbeit aus?
Paperboyo: Es macht mir Lust darauf, wieder nach Deutschland zu kommen. Weil wir an so vielen Orten vorbeigefahren sind, die mir bei meinen Recherchen nicht aufgefallen waren. Ich dachte: 'Oh, das wäre toll für eine Idee.' Der zweite Punkt sind die vielen Animationen, mit denen wir gespielt haben. Es hat Spaß gemacht, mich in eine etwas andere Richtung als sonst zu bewegen. Ich könnte mir gut vorstellen, in Zukunft mehr mit Animationen zu kreieren.
Lokalzeit: Welche schönen Eindrücke aus NRW nehmen Sie mit?
Paperboyo: Wir hatten einen sehr engen Zeitplan und deswegen nur sehr wenig Freizeit. Aber Winterberg hat mir wirklich gefallen, wir haben in einer Skihütte gewohnt. Natürlich war es außerhalb der Skisaison, aber es war einfach wunderschön. Wir haben uns wie im Skiurlaub gefühlt, auch wenn wir nicht Ski gefahren sind und es keinen Schnee gab. Und es war ein echtes Privileg, eine kleine WDR-Crew zu haben, die sich dafür einsetzt, dass diese Ideen zum Leben erweckt werden und so gut wie möglich aussehen. Es ist also etwas schade, dass ich jetzt wieder alleine reisen muss.
Interview geführt und aus dem Englischen übersetzt von Josefine Upel.
Über dieses Thema berichten wir auch am 20.02.2023 im WDR Fernsehen: Lokalzeit Südwestfalen, Lokalzeit aus Aachen, Lokalzeit aus Bonn, Lokalzeit aus Dortmund, Lokalzeit Münsterland, Lokalzeit Ruhr und Lokalzeit aus Duisburg, jeweils 19.30 Uhr.