Freitagabend, 20 Uhr: Vor dem libanesischen Imbiss "Akl" hat sich eine Menschentraube gebildet. Wie fast jeden Abend, das Lokal ist vor allem bei Studierenden eine Institution. Draußen warten hungrige Kunden auf ihr Essen, aus dem Inneren ertönt orientalische Musik, dazwischen werden Anweisungen und Zahlen auf Arabisch und auf Deutsch gerufen. Es geht hektisch zu hinter der Ladentheke, bis zu zwölf Leute arbeiten zu Stoßzeiten auf einer Fläche von acht Quadratmetern. Mittendrin der Chef selbst: Rawad Akl.
Das Statistische Bundesamt schätzt, dass rund 160.000 Menschen mit libanesischem Migrationshintergrund in Deutschland leben - Akl ist einer von ihnen. Die meisten wohnen in Berlin und Nordrhein-Westfalen. Ursprünglich kam Akl zum Studieren nach Aachen. Bis zum 13. Semester sei er immatrikuliert gewesen. Schnell entdeckte der heute 43-Jährige sein Herz für die Gastronomie.
Das erste seiner Art
"Ich habe die ganze Pontstraße durchgearbeitet. Viele Türken, viele Asiaten, Cafés, alles Mögliche", erinnert er sich. Die Aachener Pontstraße ist ein beliebtes Ausgehviertel. Sein Laden liegt direkt zwischen Partymeile und historischem Stadtkern. Mit einem Augenzwinkern behauptet Akl deshalb über Studierende, die neu nach Aachen kommen: "Sie sehen zuerst den Dom, dann das Rathaus und als Drittes meinen Imbiss."
Sein Restaurant gibt es seit 15 Jahren, damals war es das erste libanesischer Art in Aachen überhaupt. Hummus, Falafel, Schawarma und Co. waren noch weitgehend unbekannt. Akl erinnert sich: "Selbst meine Frau hatte Zweifel. Sie fragte: 'Sollen wir nicht doch Döner verkaufen?' Aber ich wusste, das wird funktionieren." Heute gibt es etwa fünf weitere Restaurant mit libanesischem Essen.
Internationales Team, starker Zusammenhalt
Zu Beginn arbeitet Akl mit zwei Freunden im Laden, inzwischen beschäftigt er über 40 Angestellte. Das Team ist international, unter anderem mit Mitarbeitern aus Costa Rica, Russland und Spanien. Knapp die Hälfte sind Geflüchtete aus Syrien. Durch einen Job in seinem Laden hilft ihnen Akl dabei, sich in Deutschland ein neues Leben aufzubauen.
Wer verstehen will, warum es zwischen den syrischen Geflüchteten und Akl so ein starkes Band gibt, muss sich mit dem Bürgerkrieg in Syrien auseinandersetzen. Seit 2011 bekämpfen sich die Truppen des al-Assad-Regimes, oppositionelle und islamistische Gruppen. Millionen Menschen flüchteten. Nachbarland Libanon nahm im Vergleich zur Einwohnerzahl so viele Flüchtlinge auf, wie kein anderer Staat auf der Welt. Laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen waren es 840.000, bei vorher knapp fünf Millionen Einwohnern. In Deutschland leben heute knapp 890.000 Syrer und Syrerinnen, so das Bundesinnenministerium.
Engagiert für die, die Hilfe brauchen
Mohamad M’Kamel floh 2018 aus dem Bürgerkriegsland, kam über Bayern nach Aachen. Er hörte von Akls Restaurant und bewarb sich um einen Job.
Inzwischen ist er verheiratet und besitzt seit November einen deutschen Pass. Er ist dankbar für Akls Unterstützung: "Der Job hat mir geholfen, auf jeden Fall. Ein Vollzeitjob hilft bei der Aufenthaltserlaubnis." Für sein Engagement in der Flüchtlingshilfe erhielt Akl im vergangenen Jahr den Integrationspreis der Stadt Aachen.
Neben seinem Lokal war Akl auch Mitinitiator der Aktion "Richterich kocht". Junge Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte kamen im Ortsteil Richterich zusammen, kochten und lernten sich kennen. Akls Motto dabei: "Man sagt immer, Liebe geht durch den Magen, bei mir geht Integration durch den Magen." Für Akl ist Aachen-Richterich sein Zuhause. Hier lebt er mit seiner Frau Susanne, den drei gemeinsamen Töchtern und ihrem Hund.
Über dieses Thema haben wir am 19.02.2024 auch im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Aachen, 19:30 Uhr