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Heliosturm: Warum mitten in Köln-Ehrenfeld ein Leuchtturm steht

Köln | Heimatliebe

Stand: 29.08.2023, 10:32 Uhr

Im Kölner Stadtteil Ehrenfeld steht ein 44 Meter hoher Leuchtturm. Mitten im Veedel. 230 Kilometer vom nächsten Meer entfernt.

Von Jens Gleisberg

Nach ein paar Minuten ist er oben. Der großgewachsene Dieter Brühl, 54 Jahre, zwängt sich durch eine enge Luke. Sein Hemd zeigt deutlich, dass ihm warm ist. Sein Gesicht leuchtet in blau und gelb. Denn die Lichtkuppel ist mit einer blaugelben Fahne ringsherum zugehangen. Protest gegen den Ukraine-Krieg. Er lächelt verschmitzt. Denn blaugelb ist auch das Wappen von Ehrenfeld.

Wie kam der Leuchtturm nach Köln-Ehrenfeld?

Brühl steht gerade mitten im obersten Teil des Heliosturms. Da, wo sich früher mal Leuchtfeuer befanden. Heute sind hier nur noch Leuchtstoffröhren. Der Heliosturm ist ein Leuchtturm, der eigentlich nie einer sein sollte. Von Anfang an war er vor allem als Werbeprojekt der 1882 gegründeten Firma Helios geplant. Auch wenn er nach dem Bau 1894 zum Testen der Technik genutzt wurde. Die Firma war benannt nach dem griechischen Sonnengott. Doch wer der Sonne zu nah kommt, verbrennt bekanntlich auch schnell.

Wie eine große Nadel sticht der aus dunkelroten Backsteinen gebaute Heliosturm am Bahnhof in Köln-Ehrenfeld hervor. Es ist die erste Landmarke des Veedels für alle, die am Bahnhof ankommen, gebaut auf einem weißen Gebäude. Zur Straße hin ist die weiße Wand von Graffiti überzogen.

Der Heliosturm von außen | Bildquelle: WDR / imago stock&people

Am Fuße des Turms steht Dieter Brühl. Er lebt schon Jahrzehnte hier, schaut fast täglich auf den Turm. Sein Hemd ist zu diesem Zeitpunkt noch trocken, sein Gesicht leuchtet noch nicht in blau und gelb. Stattdessen macht sich dort ein gespanntes Lächeln breit. Endlich kann der Vorsitzende des Bürgervereins Ehrenfeld wieder in den Turm. Genauer gesagt nicht nur in, sondern auf den Turm. Bis auf 44 Meter. Der private Besitzer hat den Schlüssel mitgebracht.

Ein Turm ohne Besucher

Helios war zeitweilig führend bei der Herstellung von elektrischen Leuchtfeuern. Die Firma bestückte Leuchttürme in aller Welt. Heute stehen zum Beispiel noch die Türme auf Borkum, Campen oder Roter Sand. 1905 wurde Helios von der Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) übernommen, 1930 musste die Firma endgültig schließen, weil sie nicht genug Geld verdiente. Der Turm ist als Wahrzeichen des Stadtteils erhalten geblieben.

Wofür steht der Heliosturm in Köln? 00:41 Min. Verfügbar bis 29.08.2025

Es ist ein warmer Sommertag, Brühl kommt auf den staubigen engen Metallstufen nach oben ins Schwitzen. Das stört ihn nicht. Denn er weiß, mit welchem Ausblick er belohnt wird. Er bleibt stehen und zeigt auf Spuren früherer Besucher. Sie haben ihre Namen in die Wände geritzt. "Lemke 1949". "E.W. Österreich 1959" steht da in weiß auf braunem Untergrund. Auch "Marek war hier" steht da, neu aufgesprüht. Das heißt, Marek ist illegal hier eingedrungen. Denn eigentlich ist der Turm für Besucher gesperrt. Vor allem der Weg nach ganz oben, da fehlt ein zweiter Fluchtweg.

Der Treppenaufgang im Turm ist eng | Bildquelle: WDR / Jens Gleisberg

Ein Raum am Fuß der letzten Treppe ist der einzige, der theoretisch genutzt werden könnte. Da steht Brühl gerade mittendrin, seine Augen strahlen: "Herrlich, ich war lange nicht hier. Aber es sieht ja unverändert aus. Toll. Alles Originalzustand." Den Raum könne man für Ausstellungen nutzen, hofft er.

Das ist der einzige Raum, der im Turm genutzt werden könnte | Bildquelle: WDR

Einzigartige Aussicht auf das ganze Veedel

Der Rest des Turms ist hohl. Nur die zum Teil etwas löchrig-wirkende Stahltreppe steht mittendrin, über die auch Brühl seinen Weg nach oben steigt. Er zeigt auf die Reste der früheren Nutzung. "Da oben sind alte Isolatoren. Bin jetzt kein Elektriker, aber das kenne ich. Da wurde die Elektrizität quasi rundum geleitet." Schließlich hat er es geschafft, die 44 Höhenmeter sind überwunden.

Was kann man vom Heliosturm aus entdecken? 00:23 Min. Verfügbar bis 29.08.2025

Er hat Glück, weil er immer mal wieder reinkommt. Weil er ein Stück Ehrenfelder Geschichte so hautnah erleben kann. Und weil er einen Ausblick über sein Veedel hat, der wohl einmalig ist. "Das ist schon ein toller Blick. Der Rundumblick und da hinten, das Stadion, die Heimat unseres 1.FC Köln", sagt Dieter Brühl. Zu besonderen Anlässen wie dem "Tag des Denkmals" begleitet Brühl Besucher in den Turm und erzählt von der besonderen Geschichte.

Über das Thema berichteten wir am 23.08.2023 auch im WDR-Fernsehen: Lokalzeit aus Köln, 19.30 Uhr.