Das Bickendorfer Kreisel neben der Gaststätte Kääzmanns

Kulturelle Schnitzeljagd durch Köln-Bickendorf

Köln | Heimatliebe

Stand: 27.07.2023, 16:31 Uhr

Im Nordwesten von Köln versteckt sich ein Veedel voll mit Kultur, Architektur und Geschichte. Eine Bürgerinitiative setzt sich für den Erhalt und die Verbreitung ihrer Veedel-Kultur ein.

Von Eda Engin (Text), Manuela Klein (Multimedia)

Fahrräder fahren über den Bürgersteig, Autos drängen sich im dichten Verkehr auf der Venloer Straße im Kölner Veedel Bickendorf. Alle fahren an dem kleinen, freistehenden gelben Häuschen mit der schweren dunklen Eingangstür vorbei. Es ist etwa sechs mal acht Meter groß und wirkt fast ein bisschen verloren neben einem großen Baum, mitten auf einer Verkehrsinsel. Im Inneren ist es komplett still. Vom Verkehrslärm ist nichts mehr zu hören. Früher erstreckte sich hier eine große Kapelle. Nach einer Pulverfassexplosion vor 200 Jahren ist dieses Häuschen der einzige Rest der Rochuskapelle, der noch erhalten ist. Ein Sinnbild für den gesamten Stadtteil im Nordwesten von Köln, der seine Wurzeln nicht vergessen hat.

Noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts war Bickendorf ein Bauerndorf. Nur rund 350 Menschen lebten hier. Heute sind es etwa 16.000. Im Stadtteil finden sich viele Orte, die an seine beschauliche Vergangenheit erinnern. Die Bürgerinitiative Kulturpfad Bickendorf hat sich zur Aufgabe gemacht, genau diese Orte in den Blickpunkt zu rücken. Die Rochuskapelle ist einer davon.

Was macht die Rochuskapelle in Bickendorf so besonders?

00:22 Min. Verfügbar bis 25.07.2025

Köln-Bickendorf: Per Kulturpfad durchs Veedel

"Wir sind hier an der Keimzelle von Bickendorf", sagt Hans-Ulrich Voosen (73), Vorsitzender der Bürgerinitiative, mit der Kapelle in seinem Rücken. Sie ist auch der ideale Startpunkt für die Erkundung des Kulturpfades. Eine Online-Karte leitet zu den verschiedenen Stationen des Pfades. Dort hängen jeweils Tafeln mit Informationen zur Vergangenheit der Gebäude.

Ein Stück Geschichte, das die Bürgerinitiative retten möchte, steht auch in der Nagelschmiedgasse. Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein gewöhnliches Wohnhaus. Dunkelgrüne Farbe, dunkle Steine rahmen die unteren Fenster ein. Dann fällt der Blick auf drei Köpfe mit essig-verzerrten Gesichtern, die auf die Besucher hinab schauen. Bis zu 1,5 Millionen Liter Branntweinessig wurden hier früher pro Jahr in der Fabrik produziert. Inzwischen teilen sich zwei Künstler die ehemaligen Fabrikhallen, die Fassade blieb erhalten.

Nächste Station des Kulturpfades ist die Nagelschmiedgasse. Sie wurde im Bickendorfer Volksmund auch Bockgasse genannt. Voosen erklärt: "Weil hier der Ziegenbock wohnte, der die weiblichen Ziegen von Bickendorf besamte."

Ein Rundgang durch Bickendorf

Der Kulturpfad Bickendorf hat insgesamt 63 Stationen. Hier sind einige Höhepunkte:

Ehemalige Essigfabrik in Bickendorf

Die ehemalige Essigmanufaktur Weyers ist schon seit 1893 ein Teil von Bickendorf.

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Die ehemalige Essigmanufaktur Weyers ist schon seit 1893 ein Teil von Bickendorf.

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Drei Köpfe mit essig-verzerrten Gesichtern zieren die Fassade und machen das Gebäude unverkennbar.

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Das frühere Wohnhaus der jüdischen Familie Herz wurde vor einigen Jahren wiederaufgebaut und beherbergt nun ein Café.

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Auf einer Info-Tafel am Haus kann man die Geschichte der Familie Herz nachlesen.

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Ein bisschen Bauerndorf ist immer geblieben

Voosen und die anderen Ehrenamtlichen vom Kulturpfad sind auf dem Weg zur nächsten Info-Tafel. Die hängt am "Herzhäuschen". In dem wiederaufgebauten Landarbeiterhäuschen aus dem 19. Jahrhundert wohnte die jüdische Familie Herz bis zu ihrer Verschleppung und Ermordung durch die Nationalsozialisten. Stolpersteine auf der Straße gedenken der Kölner Familie. Das Haus ist inzwischen ein kleines, gemütliches Café mit Außengastronomie, das für alle offen steht.

Die einzelnen Stationen des Kulturpfades liegen nie weit auseinander. Bickendorf transportiert ein bisschen Dorfgefühl in die Großstadt. "Es klingt klischeehaft, aber man kennt seine Nachbarn, man grüßt sich. Und auf der anderen Seite hat man die großstädtische Anonymität, die man natürlich auch gern hat, wenn man in Köln wohnt", sagt Sebastian Braß (34), Mitglied der Bürgerinitiative.

Er wohnt im alten Kern von Bickendorf, der Rochusstraße, in einem ehemaligen Bauernhof. Auf dem großen gepflasterten Innenhof wächst Lavendel, die Vergangenheit als Bauerndorf ist hier besonders spürbar. Ob Rochuskapelle, Antoniushof oder ehemalige Essigfabrik – auch wenn Bickendorf inzwischen alles andere als dörflich ist, sind seine Wurzeln nicht verloren gegangen. Und das ist auch der Bürgerinitiative zu verdanken. Dorfgefühl - das kennt nicht nur Bickendorf sondern auch ein ganz anderes Veedel in Köln. Nämlich Dünnwald. Warum Dünnwald ein idealer Zufluchtsort aus der lauten und hektischen Stadt sein kann, liest du hier.

Über dieses Thema berichteten wir auch im WDR-Fernsehen am 27.07.2023: Lokalzeit aus Köln, 19.30 Uhr.