Geduldig kämmt Colette Rzehulka die lange dunkle Mähne ihres spanischen Hengstes Sol. Zopf für Zopf flicht sie dem viereinhalbjährigen Pferd in einem Reitstall in Ratingen eine aufwendige Frisur. Denn: Das Aussehen spielt beim Barockreiten eine wichtige Rolle.
Colette Rzehulka gehört zur 2009 gegründeten Show-Reitgruppe "Barock on Tour". Im Gegensatz zum Dressurreiten wird beim Barockreiten auch im Damensattel geritten. Auf festliche Kostümierung wie lange Kleider und schicke Kopfbedeckung wird Wert gelegt. Die Gruppe besteht aus einem guten Dutzend Reiterinnen und Reitern, die beispielsweise bei der Equitana in Essen zu Musik mit einem eigenen Showprogramm auftritt. Auch in Köln, Hannover oder Düsseldorf war die Gruppe schon zu sehen.
Auch Rzehulka hat sich schick gemacht. Die 52-Jährige trägt einen bordeauxfarbenen Samt-Frack und einen Dreispitz mit goldenen Verzierungen. "Es dauert ein bisschen länger beim Anziehen, aber man fühlt sich dann wie bei Hofe", sagt die Showreiterin. Genau um dieses Gefühl geht es ihr aber. Denn ihr Herz gehört nicht nur den Pferden, sondern auch jener Zeit, in der die österreichische Kaiserin Sissi gelebt hat.
Das Barockreiten stammt eigentlich aus der Zeit von 1600 bis 1750. Der Adel ritt damals auf Pferderassen wie etwa Iberer, Pura Raza Espanola oder Friesen. Sie sind mittelgroß, kräftig, mit kurzem Rücken und wendig. Barockpferde waren früher Kriegspferde. Doch ab dem 17. Jahrhundert nutzte der Adel sie lieber, um auf ihnen in edler Kleidung die eigenen Reitkünste zur Schau zu stellen. Wichtig war auch der stolze Ausdruck der Tiere und ihre üppige Mähne. Das macht sie bis heute zu perfekten Show-Pferden.
Beim Barockreiten ist viel Handarbeit gefragt
Rzehulka, ursprünglich selbst Dressurreiterin, war überrascht, wie groß der Unterschied zum Barockreiten war: "Beim Galopp habe ich keine Bremse mehr gefunden." Das war 1994. Mittlerweile ist Rzehulka mit ihren beiden Pferden fester Bestandteil des Ratinger Teams. Vom Dressur-Reiten hat sie sich komplett verabschiedet.
Die Ausbildung der Pferde startet erst spät mit etwa vier bis fünf Jahren. Zu den ersten klassischen Hausaufgaben eines Barockpferdes zählt etwa die Piaffe bei der das Pferd eine Bewegung im Trab auf der Stelle ausführt. "Wichtig beim Barockreiten ist vor allem die so genannte Handarbeit. Wir arbeiten viel zu Fuß neben dem Pferd und nicht auf seinem Rücken sitzend, also Training ohne Gewicht", sagt Rzehulka. Das sei einer der Hauptunterschiede zum Dressurreiten.
Wichtiger als alles andere ist aber die Beziehung zwischen Reiterin und Tier. "Barockpferde sind sehr personenbezogen. Sie suchen sich ihren Reiter aus und gehen dann für ihn durchs Feuer", sagt Rzehulka. Sie hat Sol im August 2022 in Barcelona gekauft. Wendig sei er, wie ein Kleinwagen, aber mit viel PS. Entsprechend wird beim Training auch spanisch gesprochen - mal hier ein Lob wie "muy bien" oder ein "paso" als Kommando für einen spanischen Schritt.
Über dieses Thema berichten wir auch im WDR-Fernsehen am 10.03.2023: Lokalzeit Düsseldorf, 19.30 Uhr.