Gottesdienst an der A40 00:28 Min. Verfügbar bis 18.12.2026

Andacht neben der Überholspur: Die Autobahnkirche an der A40

Bochum | Heimatliebe

Stand: 18.12.2024, 07:21 Uhr

Wo die Hektik des Alltags am lautesten ist, gibt es einen Ort vollkommener Stille: die Autobahnkirche an der A40 in Bochum. Für Menschen, die viel auf dem Herzen haben, oder auf ihrer Reise einfach nur dem Trubel entfliehen wollen.

Von Nicole Noetzel

Auf der Autobahn 40 staut es sich. Hier in Bochum staut es sich häufig. Tempoverschärfung auf 80, eine recht scharfe Kurve, Auf- und Abfahrt. Langsam schiebt sich die Autokolonne unter dem monotonen Dröhnen der Motoren über den Asphalt. Hunderte Fahrzeuge in der Stunde. Den wenigsten der hinter ihrem Steuer fluchenden Fahrern fällt der hohe Turm direkt an der Auffahrt auf. In ihm ist vom Straßenlärm nichts mehr zu hören. Beim Gottesdienst in der Kirche direkt an der A40 ist es angenehm ruhig.

Autobahnkirche in Bochum an der A40: "Komm mal zur Ruhe"

Die Kirche direkt an der A40-Ausfahrt in Bochum-Hamme ist eine von acht Autobahnkirchen in NRW. Sie liegen gut erreichbar an Ausfahrten oder Raststätten. Manche sind ökumenisch, andere evangelisch oder katholisch. Für Autobahnkirchen gibt es mehrere Voraussetzungen, wie zum Beispiel die Lage, ausreichend Parkplätze für Autos und Busse und tägliche Öffnungszeiten. Einige Autobahnkirchen sind rund um die Uhr geöffnet.

Das Innere der Kirche ist abgeschirmt vom Lärm und Stress der Autobahn | Bildquelle: WDR / Nicole Noetzel

Mit einer brennenden Kerze in der Hand geht Maja Kordt zum Kerzenständer in der Autobahnkirche Ruhr. Behutsam legt sie die Kerze ab, läuft ein paar Schritte weiter zum Jesusbild an der Wand und bekreuzigt sich. Kordt ist selbstständige Kosmetikerin und täglich mit dem Auto unterwegs. Vor einiger Zeit fällt der 53-Jährigen die große Kirche an der A40 auf.

"Komm mal zur Ruhe" steht vor dem Gebäude. Die dreifache Mutter fühlt sich oft gestresst und deswegen von der Aufforderung angesprochen. Seitdem kommt Kordt jede Woche mehrmals her, um sich eine kleine Auszeit vom Alltag zu nehmen und zu beten.

Die Kirchenbesuche geben Maja Kordt neue Energie | Bildquelle: WDR / Nicole Noetzel

Die Autobahnkirche in Bochum wurde 2010 von Pfarrer Andreas Volke gegründet. Die Nähe des Gebäudes zur vielbefahrenen A40 fand der 69-Jährige schon immer faszinierend. Volke wollte den etwa 120.000 Menschen, die täglich über den Ruhrschnellweg fahren, einen Ort der Ruhe bieten. Im Sommer ist die Autobahnkirche von 8 bis 20 Uhr geöffnet, im Winter von 9 bis 19 Uhr. An Sonntagen gibt es um 10 Uhr einen Gottesdienst.

Andreas Volke: Was bewirkt die Anonymität in der Autobahnkirche? 00:14 Min. Verfügbar bis 18.12.2026

Abgeschirmt vom Lärm der Stadt können sich die Besucher ganz auf Volkes Worte konzentrieren. Unter den Zuhörern ist diesmal auch Jürgen Thiesbonenkamp. Er ist Busfahrer und Autobahn-Kirchen-Fan - wenn es so etwas gibt.

Der 75-Jährige hat alle Autobahnkirchen in Deutschland besucht. Bei seinen Stopps liest er gerne in den großen Besucherbüchern, in die Menschen etwas reinschreiben können. Viele öffnen im Schutz der Anonymität ihr Herz, sagt er.

Eine Kraft-Tankstelle an der Autobahn

Eine Begegnung mit einem Lkw-Fahrer aus Polen ist Thiesbonenkamp besonders in Erinnerung geblieben. Der Fahrer war mit Hilfsgütern auf dem Weg in die Ukraine und hatte eine ganze Seite in ein Besucherbuch geschrieben. "Er hat er den Auftrag seiner Firma gerne angenommen, aber Angst, ob er sicher wieder zurück nach Hause kommen würde." In der Autobahnkirche habe er für seine Reise gebetet. "Ich hatte das Gefühl, dass es ihm danach wirklich besser ging. Als hätte er eine Art Reisesegen bekommen."

Die Autobahnkirchen in NRW haben keine kirchlichen Träger, sondern werden von Vereinen organisiert. Dementsprechend sind sie auf engagierte Menschen und Spenden angewiesen. Inzwischen ist auch Kosmetikerin Kordt aktives Mitglied bei der Autobahnkirche Ruhr. Vor allem, weil die Besuche ihr immer viel Kraft geben, sagt sie. "Wenn mir danach ist, kann ich den schönen Raum nutzen, eine Kerze anzünden oder einfach hier sitzen und nachdenken. Es ist so schön still, obwohl man so nah an der A40 ist."

Über dieses Thema haben wir auch am 03.07.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Duisburg, 19:30.