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Einsam im Alter? Diese Überraschungstüten sorgen für Glücksmomente
Stand: 31.01.2025, 12:36 Uhr
Marianne Blüthner kann diesen Moment kaum erwarten. Einmal im Monat bekommt sie und andere Senioren aus Warendorf ein besonderes Geschenk: eine Tüte mit kleinen Überraschungen, die gegen Einsamkeit helfen sollen.
Von Cordula Krell (Text) und Veerle Seelig (Multimedia)
"Ulla, jetzt kommt die Überraschung", sagt Marianne Blüthner und lacht. Vorsichtig öffnet sie die Papiertüte, die vor ihr auf dem Tisch steht. Ihre Nachbarin Ulla steht neben ihr und hat eine eigene Papiertüte vor sich. Nacheinander holen die beiden den Inhalt heraus. "Das Dreikönigssingen", liest Blüthner vor. Es ist eine Einladung zu einer Veranstaltung. Außerdem in den Tüten: Süßigkeiten und Kleinigkeiten wie Rätsel, Teebeutel oder auch mal eine Kurzgeschichte. Jedes Teil ist für die Seniorinnen etwas Besonderes.
Die kleinen Tüten sind aber viel mehr als ihr Inhalt. Sie sollen Kontakte ermöglichen. Miriam Muser vom Projekt "Zusammen und Miteinander" erklärt: "Der Ursprung war, dass wir uns gefragt haben: Wie können wir Senioren aus dem Ort erreichen? Was können wir für Senioren machen, die alleine leben und von Einsamkeit bedroht sind?"
Einsamkeit zieht sich zwar durch alle Altersgruppen, aber besonders betroffen sind ältere und alleinlebende Menschen. Dabei gilt, je älter, desto einsamer. Fast ein Drittel aller Frauen über 80 Jahre in Deutschland fühlt sich einsam, hat das Robert-Koch-Institut in einer Studie herausgefunden. Bei den Männern über 80 Jahre sind es rund 18 Prozent. Wer einsam ist, ist nicht nur unglücklich, sondern hat sogar ein höheres Risiko, krank zu werden. Depressionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ein Schlaganfall oder Demenz können die Folge sein.
Projekt stand auf der Kippe
Die Tüte gegen Einsamkeit gibt es seit vier Jahren. Sie wurde lange vom NRW-Sozialministerium und der Lotterie Glücksspirale gefördert. Aber die finanzielle Unterstützung endete im Januar. Die Zukunft der Tüten gegen Einsamkeit war unsicher.
Für acht engagierte Frauen war klar: Die Tüten müssen bleiben. Also packen sie jetzt selbst an. Eine der Ehrenamtlichen ist Marion Kühn. Sie erinnert sich an einen Satz aus ihrem Bekanntenkreis, der sie erschüttert hat. Eine ältere Dame sagte: "Ich möchte nicht mehr leben, weil mich keiner besuchen kommt." Umso wichtiger findet Kühn das Projekt mit den Tüten. "Vielleicht kommen wir selbst auch mal in diese Situation und sind glücklich, wenn uns jemand besucht."
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Dank der Ehrenamtlichen können sich Senioren weiterhin auf ihre Überraschungstüten freuen
Einmal im Monat füllen Kühn und die anderen Ehrenamtlichen die Überraschungspäckchen und verteilen sie. Dabei werden sie von 40 Senioren und Seniorinnen sehnsüchtig erwartet, die sich auf den Besuch und die damit verbundenen Gespräche freuen. Eine kleine Tüte, die viel bewirkt.
Über das Thema haben wir am 19.12.2024 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit Münsterland, 19.30 Uhr.