Es ist ein kalter Freitagnachmittag in Münster. Das Thermometer zeigt minus ein Grad. Nelja Rjabcev und Florian Reichert macht die Kälte wenig aus, sie sind bei jedem Wetter unterwegs. In einem Bollerwagen ziehen sie zwei große Beutel Trockenfutter und einige Dosen Nassfutter durch die Straßen. Wie jede Woche verteilen sie das Futter an Bedürftige mit Haustieren.
Rjabcev und Reichert gehören zu den sogenannten Underdogs. Seit sieben Jahren unterstützt der Verein Menschen, die sich die Versorgung ihrer Haustiere nicht leisten können. Sie sammeln Spenden und veranstalten Solidaritätskonzerte, um davon Futter zu kaufen oder Tierarztrechnungen zu bezahlen. Zu ihrem Kundenkreis zählen auch einige der über 2500 Wohnungslosen in Münster, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe im Jahr 2023 gezählt hat.
Ehrenamtlerin Nelja Rjabcev erklärt, warum die wöchentliche Hilfe so wichtig ist. 00:19 Min.. Verfügbar bis 29.01.2027.
Denn für Leinen, Futter, Impfungen und Tierarztbesuche geht schnell ein kleines Vermögen raus. Der Deutsche Tierschutzbund schätzt die Kosten für einen mittelgroßen, nicht gelisteten Hund im Laufe seines Lebens zum Beispiel auf mehr als 17.000 Euro. Gleichzeitig wissen Rjabcev und Reichert aus erster Hand, dass für viele Wohnungslose die Hunde nicht nur ein bisschen Schutz auf der Straße bedeuten, für viele sind die Tiere das einzige emotionale Zuhause, dass sie noch haben.
Die beiden Ehrenamtlichen kennen die Szene gut. Reichert hat selbst mal auf der Straße gelebt. Der 27-Jährige weiß, was die Menschen brauchen und wo sie sich in der Regel aufhalten.
Die Underdogs treffen auf bekannte Gesichter
Daher dauert es auch nicht lange, bis die Underdogs auf bekannte Gesichter treffen. Alexandra Krämer und ihr Hund Tequila kommen auf die beiden zu. Die drei umarmen sich herzlich und Tequila läuft schnurstracks auf den Wagen mit dem Futter zu. "Da sind seine besten Freunde", sagt Krämer.
Die Underdogs im Umgang mit ihren vierbeinigen "Kunden". 00:39 Min.. Verfügbar bis 29.01.2027.
Seit zwei Jahren lebt Tequila an Krämers Seite. Sein Vorbesitzer habe den Hund verkommen lassen. Deshalb hat sie ihn aufgenommen, erzählt sie. Jetzt ist er ihr fester Begleiter. Tierfutter bekommt sie von den Underdogs und erst vor einem Monat haben sie ihr auch mit einer Tierarztrechnung geholfen. Tequila war in einen Ast gesprungen, zerkratzte sich die Hornhaut und brauchte eine Augenoperation.
Tierärzte müssen nicht behandeln, wenn die Tierhalter nicht genug Geld haben, um die Kosten zu bezahlen. Um das Leid des Tieres zu verringern, steht dann oft das Thema Einschläfern im Raum. Die Underdogs aber machten die Operation möglich und Tequilas Auge geht es heute besser.
Auf zur nächsten Station
Weiter geht es für Rjabcev und Reichert. Sie müssen noch einige Stationen ablaufen. Doch viele der Obdachlosen, die sie wöchentlich treffen, sind heute nicht an ihren gewohnten Plätzen. "Ich kann mir vorstellen, dass sie sich einen Platz im Warmen gesucht haben, weil es heute so kalt ist", sagt Reichert.
Dann geht es zu einem Drogenhilfezentrum. "Viele Menschen kommen hier regelmäßig vorbei und fragen nach Futter. Die Kosten werden ja auch immer höher und für sie ist das eine große Entlastung", erklärt ein Mitarbeiter des Drogenhilfezentrums.
Feierabend mit einem guten Gefühl
Nach circa zwei Stunden Fußmarsch machen Rjabcev und Reichert Feierabend. "Die Leute sind sehr dankbar. Es gibt mir ein gutes Gefühl zu wissen, dass unsere Hilfe an den richtigen Stellen ankommt", sagt Rjabcev.
Über dieses Thema berichten wir auch am 28.01.2025 im WDR-Fernsehen: Lokalzeit Münsterland, 19.30 Uhr.