Leo ist gerade zum stellvertretenden Schülersprecher des Bonner Helmholtz-Gymnasiums gewählt worden. Der 14-Jährige steht auf dem Gang vor dem Klassenraum, umringt von Mitschülern. Es gibt Glückwünsche, Schulterklopfen, ein paar ironische Scherze. Eines ist offensichtlich: Leo ist beliebt und gilt nicht als streberhafter Musterschüler. Dabei hat er gerade das fünfte Ehrenamt an seiner Schule übernommen.
"Klar kann Schule auch langweilig sein", gibt er zu. Aber er habe sich eben Aufgaben gesucht, die ihm Spaß machen und die Schule vielleicht auch zu einem besseren, sichereren und spannenderen Ort werden lassen. Deshalb hat er sich zum Schulsanitäter ausbilden lassen, ist Streitschlichter geworden, hilft bei der Basketball-AG und leitet die Schach-AG. Schach? "Da ist ein richtiger Hype im Internet entstanden", sagt er. Und der habe ihn auch gepackt. Jetzt bringt er jüngeren Mitschülern die Grundlagen des Spiels bei. Nachmittags, nach dem Unterricht, wenn die meisten seiner Klassenkameraden schon zuhause sind.
Schulsanitäter und Streitschlichter
Während der Corona-Lockdowns hat Leo seine Freunde vermisst. Wie so viele andere Schüler und Schülerinnen auch. Mehrere Studien haben inzwischen belegt, dass die psychische Gesundheit der 11 bis 17-Jährigen unter den Schulschließungen besonders gelitten hat. Leo aber hatte sich vorgenommen, sich in der Schule zu engagieren, sobald das wieder gehen würde. Wenn er heute zum Beispiel eine Schicht als Schulsanitäter übernimmt, kann er jederzeit angerufen werden und darf dann seinen Unterricht verlassen. Meistens sind es Kopfschmerzen, Verstauchungen oder eine Beule, die er versorgen muss. "Als ich jünger war, wurde ich auch mal von einem Schulsani versorgt. Das tat mir gut. Also dachte ich: Das mache ich auch."
Aber gleich fünf Ehrenämter? "Ich habe die Zeit und die Energie. Warum also nicht." Vor ein paar Wochen wurde er von der Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner für seine "soziale Kompetenz und seinen ehrenamtlichen Einsatz" ausgezeichnet. Leos Schule hatte ihn dafür vorgeschlagen.
Vor der Schulbibliothek warten inzwischen ein Dutzend Schülerinnen und Schüler. Sie wollen zur Schach-AG. Leo teilt sie ein, je nach Erfahrung und Spielstärke. Dann geht er von Tisch zu Tisch und gibt Tipps. Den Jüngeren unter ihnen merkt man an, dass sie ihn nicht nur respektieren sondern auch bewundern. Für sie ist Leo ein Vorbild, an dem man sich orientieren kann. Der es drauf hat und dabei cool ist. Die Schach-AG geht bis 16 Uhr. Danach will Leo noch zum Kickbox-Training. Das ist dann aber ein reines Hobby.
Über dieses Thema haben wir auch am 08.09.2023 auch im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Bonn, 19.30 Uhr.