Sechs Männern laufen über einen Recyclinghof, einer schiebt Schubkarre, andere tragen Schaufel oder Besen

Die sechs Rentner und der Müll

Coesfeld | Füreinander

Stand: 14.01.2024, 09:26 Uhr

Sechs Rentner halten auf dem Recyclinghof in Ascheberg jeden Samstag die Stellung. Ehrenamtlich, bei Wind und Wetter. Was sie mit teils über 70 Jahren antreibt.

Von Jana Brauer, Lara Brüggemeier (Multimedia)

Ludger Woywod steht auf dem regennassen Asphalt. Es ist Samstagmorgen, kurz nach 9 Uhr, bewölkt, die Außentemperatur beträgt etwa 5 Grad. Während andere Rentner um diese Uhrzeit beim Frühstück in der Zeitung blättern, steht der 77-Jährige in Arbeitshose und Regenjacke in Ascheberg auf dem Recyclinghof. Eine umzäunte Fläche, auf der zahlreiche Müllcontainer stehen. Wie jeden Samstag, wie immer ehrenamtlich. Seit mehr als 20 Jahren.

Warum engagiert sich Ludger Woywod schon so lange auf dem Recyclinghof?

00:32 Min. Verfügbar bis 14.01.2026

Wenn sich um 9 Uhr das Tor zum Recyclinghof öffnet, sind Woywod und die anderen ehrenamtlichen Helfer schon eine Stunde vor Ort: Lagebesprechung und Aufgabenteilung. Auch einige Autofahrer sind früh unterwegs. Einige Minuten vor der Öffnung warten jede Menge Fahrzeuge vor dem Tor.

Luftaufnahme: Blick auf einen leeren Recyclinghof mit vielen Müllcontainern

Nur außerhalb der Öffnungszeiten sind die Ehrenamtlichen so allein auf dem Recyclinghof

Neben Woywod steht ein Anhänger mit Bodenplatten und Pflastersteinen. "Die dicken Dinger nehme ich nicht in die Hand. Mir tut der Rücken sowieso weh", sagt der 77-Jährige. Plötzlich greift er doch nach einem Stein, wirft ihn in den silbernen Container. "Jetzt hab ich wieder gute Laune und helfe wieder mit", sagt er und lacht. Hilfsbereit und ziemlich direkt, so sind Woywod und seine Kollegen. Der 77-Jährige zählt zu den Dienstältesten.

Der Hof in der münsterländischen Gemeinde Ascheberg wird komplett ehrenamtlich betrieben. Sechs Männer bilden den harten Kern des Helferteams. Alle sind Rentner. Egal bei welchem Wetter stehen sie bereit und haben die Müllsortierung ganz genau im Blick.

"Frische Luft. Viel quatschen."

Ein paar Container weiter steht Luis Feldmann auf einem riesigen Berg Holzabschnitte. "Es ist eine Art Muckibude für mich, damit man auch fit bleibt", sagt der 74-Jährige und sticht mit einer Mistgabel in einen Haufen Zweige. Feldmann ist seit mittlerweile acht Jahren dabei. Immer mehr Äste landen vor seinen Füßen. "Frische Luft. Viel quatschen mit den Kunden." Feldmann mag das sehr.

Mann in Arbeitskleidung steht auf einem Haufen Grünschnitt

Luis Feldmann bei seiner Arbeit auf dem Recyclinghof

Die Menschen aus Ascheberg können auf dem Recyclinghof Pappe, Grünzeug, Holz-, Stein- und Metallabfälle oder alte Elektrogeräte entsorgen. Styropor wird zum Beispiel nicht angenommen. Das Abladen des Mülls ist kostenlos.

Einige Ascheberger bedanken sich mit einer Spende in die Kaffee-Kasse, einer roten Schatulle mit Geldschlitz. Sie wissen den Einsatz der Ehrenamtlichen zu schätzen. Ein Mann, der gerade Grünabfälle aus seinem Garten entsorgt, sagt: "Es ist für uns hier in der Gemeinde eine wunderbare Lösung. Das ist ein toller Einsatz." Ab und zu werden die Männer von anderen Vereinen aus dem Ort bei der Arbeit unterstützt.

Ehrenamt mit Herzblut

Dass eine Gruppe von Rentnern in ihrer Freizeit samstags den Recyclinghof managt, sei für die Gemeinde ein Riesengewinn, sagt Bürgermeister Thomas Stohldreier. "Sie sind mit so viel Herzblut dabei, das ist einfach nur genial."

Bürgermeister Thomas Stohldreier ist begeistert von den ehrenamtlichen Helfern

00:45 Min. Verfügbar bis 14.01.2026

Drei Stunden lang hat der Ascheberger Recyclinghof samstags geöffnet. Auch an diesem nasskalten Tag. Ein Auto nach dem anderen rollt auf den Platz und die Müllberge in den Containern werden schnell größer.

Auch wenn das ehrenamtliche Engagement geschätzt wird, gibt es Menschen, die sich einen Hof mit Festangestellten, weiteren Öffnungstagen und längeren Öffnungszeiten wünschen würden. "Die Leute werden verheizt", sagt ein Mann und meint damit die Helfer im Rentenalter. Für Ludger Woywod, Luis Feldmann und die anderen vier Ehrenamtler ist es aber vor allem eine schöne und sinnvolle Beschäftigung. Alle sechs sind sich einig: Zuhause herumsitzen? Ist ihnen zu langweilig.

Über dieses Thema haben wir am 05.12.2023 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit Münsterland, 19:30 Uhr.