Manuel steht lächelnd vor dem Rheinland Klinikum und streckt beide Daumen hoch. Rechts von ihm das Eingangsschild mit dem Klinikgebäude im Hintergrund.

Wie der obdachlose Manuel aus Neuss wieder Wohnung und Job bekam

Rhein-Kreis Neuss | Füreinander

Stand: 08.04.2025, 14:46 Uhr

Viele Neusser kennen den 37-jährigen Manuel als den "Parkeinweiser vom Wendersplatz". Weil der damals Obdachlose nicht betteln wollte, half er Autofahrern, einen freien Parkplatz zu finden. Nun hat sein Leben eine alles entscheidende Wendung genommen.

Von Jan-Lukas Winter

Es ist wuselig im Lukaskrankenhaus in Neuss. Ärzte und Pfleger laufen über die Flure, Patienten müssen zu ihren Untersuchungen oder zurück auf ihre Zimmer gebracht werden. Mittendrin steht ein junger Mann mit einem unverkennbar roten Bart: Es ist Manuel, besser bekannt als der Parkeinweiser vom Wendersplatz. Viele Patienten erkennen den 37-Jährigen und sprechen ihn an. Manuel antwortet ihnen in seiner ganz eigenen frechen, aber sympathischen Art. In Neuss ist er so etwas wie eine kleine Berühmtheit.

Der Dirigent vom Wendersplatz in Neuss

Rückblick: Die Lokalzeit besucht Manuel zum ersten Mal Ende Februar 2025. Manuel ist obdachlos und steht vor dem Nichts. Das Gelände, auf dem er die Nächte in einem Zelt verbrachte, wurde plötzlich abgesperrt. Das Zelt und seine anderen Habseligkeiten sind weg. Manuel zieht in eine Obdachlosenunterkunft der Stadt. Trotzdem braucht er Geld für Lebensmittel und Handyguthaben. Betteln möchte er aber nicht.

Durch Zufall kommt er am Neusser Wendersplatz vorbei. Der Parkplatz ist für drei Stunden kostenlos und liegt sehr zentral in der Innenstadt, entsprechend begehrt sind die Parkplätze und entsprechend chaotisch geht es dort zu. Manuel stellt sich kurzerhand auf einen kleinen Pfahl und dirigiert die Autofahrer zu freien Parkplätzen. Manchmal gibt es dafür ein kleines Trinkgeld. Hier haben wir Manuel bei einem Einsatz auf dem Wendersplatz begleitet.

Eines Tages hilft er auch Marco Nikolai beim Einparken. Nikolai ist Geschäftsführer einer Servicegesellschaft des Rheinlandklinikums - und hat eine Idee. "Mir hat Manuels Geschichte sehr imponiert", erzählt er. Im Lukaskrankenhaus ist gerade ein Job im Patiententransport frei, den bietet er Manuel an.

Tausche Parkplatz gegen Krankenhaus

Nikolai ist von Manuels Stärken überzeugt. "Er kann einfach durch seine kompetente Art und wie er mit den Leuten spricht, den Patienten ein bisschen die Angst nehmen, wenn mal eine schlechte Diagnose kommt." Manuel ist eigentlich gelernter Gärtner und hat keine Erfahrung im Pflegebereich. Trotzdem ist er sofort offen für die neue Herausforderung: "Ist mal was anderes, habe ich mir gedacht." Wenige Tage später unterschreibt Manuel seinen Arbeitsvertrag.

Wie sieht Manuels neuer Arbeitsalltag aus? 00:27 Min. Verfügbar bis 03.04.2027

Zurück auf Station: Manuel soll einen Patienten von einer Untersuchung zurück auf sein Zimmer bringen. Gekonnt schiebt Manuel das Krankenbett durch die Flure des Krankenhauses und rein in einen Aufzug. In seinem blauen Sweatshirt und der weißen Hose fügt er sich nahtlos in den Krankenhausbetrieb ein. Immer dabei: Ein kleines Handy, das ihn mit der Leitstelle des Krankenhauses verbindet. So bekommt Manuel seine Aufträge.

Endlich wieder ein eigenes Bett

Unterwegs scherzt er gerne mal mit seinen Kollegen und Kolleginnen, so vertraut, dass man fast vergisst, dass er den Job erst gut zwei Wochen macht. "Ein bisschen Spaß machen gehört dazu, damit es nicht so langweilig und trocken ist, hier im Krankenhaus", sagt der 37-Jährige. Kurz danach kommt schon der nächste Auftrag. Eine Patientin muss zurück in ihr Zimmer. Wieder schiebt Manuel das Krankenbett gekonnt über die Flure. Im Zimmer angekommen, erklärt er der Patientin noch, wie die vielen Knöpfe und Fernbedienungen funktionieren. "Mit dem Knopf können sie die Schwestern nerven", sagt er und lacht.

Wie unterscheidet sich Manuels jetziger Job zum Parkplatzeinweiser? 00:21 Min. Verfügbar bis 08.04.2027

Der Job im Lukaskrankenhaus hat für den ehemals Obdachlosen noch einen entscheidenden Vorteil: Er kann direkt auf dem Gelände wohnen. Im ehemaligen Schwesternwohnheim hat er ein privates Zimmer, dazu eine Gemeinschaftsküche und ein Gemeinschaftsbad. "Es ist so schön in einem Bett zu liegen, die Heizung aufzudrehen, Fenster zuzumachen und mal komplett abzuschalten", erzählt er. "Deshalb hab ich am ersten Tag direkt mal verschlafen."

Aus der Obdachlosigkeit direkt in die Festanstellung - Manuel hat es geschafft. Doch was wird nun aus den Autofahrern am Wendersplatz? Die müssen nicht komplett auf Manuels Hilfe verzichten. "Ich lasse die Leute nicht hängen", sagt Manuel. Ab und zu stellt er sich immer noch auf seinen Pfahl und leitet die Autofahrer, wie ein Dirigent sein Orchester.

Über dieses Thema berichten wir auch am 09.04.2025 im WDR Fernsehen: Lokalzeit aus Düsseldorf, 19.30 Uhr.