Auf dem Boden liegen kleine Pappen verteilt, sie symbolisieren jeweils eine Eisscholle. Jedes der sechs Kinder stellt sich auf eine drauf. Das Ziel: Gemeinsam müssen sie den Raum durchqueren und die "sichere Insel" erreichen. Teamwork ist gefragt. Die Kinder dürfen nur gemeinsam am anderen Ende ankommen.
Maike Schmidt hat sich diese Übung ausgedacht. In dem großen Saal des Evangelischen Altenwohnheims in Hagen-Dahl bietet die 42-Jährige seit Ende Januar Kurse zum Thema Mobbing und Gewaltprävention an. Empathie und Selbstvertrauen ist ihr besonders wichtig. "Ich möchte die Kinder stärken und sie auf das Leben vorbereiten", sagt Schmidt.
Ihre Erfahrungen als Mama zeigen Maike Schmidt, wie wichtig Prävention gegen Mobbing ist. 00:29 Min.. Verfügbar bis 14.03.2027.
Schmidt ist Kriminaloberkommissarin bei der Hagener Polizei. In ihrer Freizeit machte sie eine Fortbildung als Trainerin im Bereich Gewaltprävention und nutzt jede freie Minute, um über ihr Herzensthema aufzuklären. "Der Wunsch, mich weiterzubilden, ist daraus entstanden, dass ich Mutter bin. Alles, was dein Kind im Kindesalter erlebt, macht aus, was es später für ein Erwachsener wird."
Gewalt und Mobbing an Schulen
Eine bundesweite Umfrage der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) aus dem Jahr 2024 zeigte, dass körperliche und seelische Gewalt an Schulen beinahe an der Tagesordnung sind. 98 Prozent der befragten Lehrkräfte gaben an, dass es an ihrer Schule im letzten Schuljahr Fälle von physischer und psychischer Gewalt gab. Häufig schon an Grundschulen. Oft werde geschlagen und getreten, beschimpft und beleidigt.
Auch Jessica Rosin kann da ein Wort mitreden. Ihr Sohn nimmt an dem "Musketier"-Kurs von Maike Schmidt teil, der sich an Schüler der Klassen 1 bis 3 richtet und sieben Wochen lang dauert. "Mein Sohn wurde im Sommer eingeschult und wir haben schon erste Erfahrungen gemacht mit Gewalt. Ein Kind aus der Klasse hat ihn angegriffen und gewürgt", erzählt Rosin, "und ich muss meinem Sohn zu Hause erklären, wie er sich aus so einem Würgegriff befreien kann. Das kann es eigentlich nicht sein."
Warum Maike Schmidt Prävention besonders wichtig. 00:17 Min.. Verfügbar bis 14.03.2027.
Schmidt hat verschiedene Konzepte erstellt, um Kindern zu helfen. Neben dem "Musketier"-Kurs bietet sie unter anderem den Präventionskurs "Leinen Los" für Vorschulkinder und Eltern und den Kurs "Cold Case" für Kinder der Klassen 4 bis 6 an, die bereits mit Mobbing zu tun hatten. Hier geht es unter anderem darum, richtig auf Angriffe zu reagieren.
Woher kommt aggressives Verhalten?
Die Studie der DGUV sieht verschiedene Gründe für das aggressive Verhalten von Schülern und Schülerinnen. Oft fehle es an Empathie, dazu kommen familiäre Probleme wie eine geringe emotionale Bindung an die Eltern, Gewalt in der Familie oder zu hoher Medienkonsum. Hier setzen die Kurse von Schmidt an. Sie möchte nicht nur den Kindern Empathie näher bringen, sondern auch die Eltern zum Mitmachen bewegen. "Als Eltern sollte ich darauf achten, gewaltfrei zu erziehen und meinen Kindern gewaltfreie Kommunikation ans Herz zu legen. Und eben auch Problem-Löse-Strategien aufzuzeigen", so Schmidt. "Das kann ein Kind aber nicht alleine, das muss ich ihm zeigen."
Schmidt möchte ihr Programm weiter ausbauen. Unter anderem plant sie einen Kurs gegen Cybermobbing. Sie hofft darauf, durch ihre Kurse etwas verändern zu können. "Jeder, der sich mit Kindern beschäftigt, ist dafür verantwortlich, in welche Richtung sich das Kind entwickelt", sagt die 42-Jährige. "Und dann kann ich nicht sagen: Der ist komisch, ist mir egal, sondern: Der ist komisch, packen wir es an!"
Über dieses Thema haben wir auch am 20.02.2025 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Dortmund, 19.30 Uhr.