Zu Gast im "Bats Motel 58": Wo Fledermäuse willkommen sind

Es ist ein Hauch von Nichts, den Daniela Kumbein in der Handfläche trägt. Nicht einmal fünf Gramm wiegt die kleine Elise. Eine Zwergfledermaus, die in der Nähe des Landgerichts in Hagen gefunden wurde. Genauer gesagt in der Beethovenstraße, daher auch der Name. Wer sich ein bisschen mit klassischer Musik auskennt, wird die Anspielung verstehen. "Wir wollten sie zuerst Beethovens Neunte nennen, das war uns aber dann doch zu lang", sagt Mareike Grosch, die zweite Gastgeberin im "Bats Motel 58".

Kumbein und Grosch haben sich vor gut einem Jahr kennengelernt. Unabhängig voneinander sind sie einem Facebook-Aufruf des Tierschutzvereins Hagen gefolgt. Es ging darum, sich für hilfsbedürftige Fledermäuse einzusetzen, verletzten und verirrten Tieren bis zur Genesung eine Heimat zu geben, eine Pflegestation zu etablieren. Einige Workshops und ein Jahr später hat dann das "Bats Motel 58" eröffnet - eine Anspielung auf Bates Motel in Hitchcocks Klassiker "Psycho". Kumbein steht auf alte Filme. Und auch auf Fledermäuse.

Mehr als 20 Fledermausarten in NRW

Etwa 900 Fledermausarten gibt es weltweit, davon konnten laut Naturschutzbund Deutschland (NABU) 22 in Nordrhein-Westfalen nachgewiesen werden. In NRW-Städten sind besonders häufig die Zwergfledermaus, die Breitflügelfledermaus und die Wasserfledermaus anzutreffen. Die weiteren Arten wohnen in Waldgebieten. Und sie haben alle eins gemeinsam: Sie stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Säugetiere. Zwei Arten, die einst in NRW heimisch waren, sind bereits ausgestorben.

Gerade Insektizide in der Landwirtschaft sind ein Problem für Fledermäuse. Mit ihrer Beute nehmen sie die Giftstoffe auf. Zudem wird den Tieren mit jedem Stück Altholz, das aus Wäldern entfernt wird, eine potenzielle Unterkunft genommen. "Sie leiden unter unserer Bauweise und unserer Ausbreitung", erklärt Kumbein. "Daher brauchen sie Schutz." Für Kumbein Grund genug, sich für die kleinen Tierchen einzusetzen. Sie ist schon seit ihrer Kindheit von Fledermäusen fasziniert: "Alles, was andere doof fanden, fand ich immer irgendwie interessant, eben auch Fledermäuse. Ich bin jetzt ein paar Jahre schon Fledermauspatin beim NABU, aber mir war das immer zu wenig."

Und so entstand das "Bats Motel 58": Es ist die erste offizielle Pflegestation für Fledermäuse in Hagen. Die Fledermaus-Herberge haben die beiden jeweils bei sich daheim eingerichtet. Wer in Hagen und Umgebung eine verirrte, verletzte oder hilflose Fledermaus findet, kann Kumbein und Grosch informieren. Auf ihrer Facebook-Seite oder über Instagram gibt es alle Infos, auch einen schnellen Kontakt. "Wenn ich eine Fledermaus bei Tageslicht finde, ist das eigentlich ein untrügliches Zeichen, dass sie Hilfe braucht", berichtet die 48-jährige Grosch. "Am besten nimmt man sie dann sicher mit einem Tuch hoch und legt sie in eine kleine Pappschachtel mit Luftlöchern."

Und dann geht es weiter ins "Bats Motel 58". "Die Jungtiere bekommen Milch. Wenn sie größer sind, gibt es Mehlwürmer", erklärt die 44-jährige Kumbein, während sie die kleine Loki in der Hand hält, eine weitere Zwergfledermaus im Motel. Generell sind es vor allem Zwergfledermäuse, die bei den beiden einziehen. "Einfach, weil die am häufigsten bei uns vorkommen."

Die Gästeliste im Motel ändert sich fast täglich. Entweder weil neue Tiere dazukommen, alte Gäste es leider nicht schaffen oder aufgepäppelte Tiere ausgewildert werden können. Aber bis es so weit ist, müssen sie wirklich fit sein. "Sie müssen mindestens 20 Minuten am Stück fliegen können, sie müssen es schaffen, vom Boden aus zu starten und sie müssen selbstständig fressen", zählt Grosch die entsprechenden Kriterien auf.

Ehrenamtliches Engagement für die "Gäste"

Alles, was die beiden Fledermaus-Hoteliers für die Pflege der Gäste brauchen, kaufen sie selbst. Die Ausrüstung, das Fressen, den ganzen Komfort. Ihre Arbeit ist ehrenamtlich, alles passiert aus Liebe zur Fledermaus. Ein Tier, das im Grunde genommen sehr nützlich für uns ist. "Das sind Insektenvernichter, Mückenvertilger, also besser als jede Chemiekeule", erklärt Kumbein. Eine Fledermaus kann tausende Insekten pro Nacht essen.

Aber diese Talente der Fledermaus sind offenbar vielen nicht bekannt. Bei Fledermäusen gäbe es eigentlich nur zwei Lager, erklärt Kumbein. "Leute wie uns, die die total spannend und faszinierend finden, und dann die anderen, für die fallen sie in die Kategorie Ungeziefer." Mehr als zehn Gäste sind derzeit bei Kumbein und Grosch zu Besuch. Es ist gut besucht, das "Bats Motel 58". Denn die Tiere wissen, hier sind sie in guten Händen.

Über dieses Thema haben wir auch am 16.05.2024 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Dortmund, 19.30 Uhr.