Mordermittlungen und Weltraumexpeditionen beim Spieletreff in Solingen

Solingen | Ehrenamt

Stand: 16.02.2024, 07:52 Uhr

Roman Gerlach hat eine große Aufgabe vor sich: Er muss eine fremde Galaxie von Korruption befreien. Immerhin kann er dabei gemütlich an einem Tisch sitzen, den Befreiungskampf übernehmen nämlich seine Gehirnzellen. Gerlach schaut konzentriert vor sich auf die Tischplatte. Dort erstreckt sich die Galaxie, die es zu befreien gilt. Eine Galaxie in Form des Science-Fiction Brettspiels "Voidfall". Gemessen an der Größe des Spielbretts und den vielen Karten und Figuren, sieht es nach einer komplexen Angelegenheit aus. Das ist es auch, sagt Gerlach. "Ich denke, das Spiel geht noch bis zwölf Uhr." Zwölf Uhr Mitternacht wohlgemerkt. Bis dahin sind es zu diesem Zeitpunkt noch etwa acht Stunden.

Im Kampf gegen die Korruption unterstützen Gerlach noch zwei weitere Spieler. Zu dritt sitzen sie auf orange gepolsterten Stühlen um den Tisch herum. An ihren Oberteilen kleben Namensschilder. Die drei sitzen in einem Raum der AWO Solingen. Laminatboden, weiße Wände - eher funktional als gemütlich. Aber um Gemütlichkeit geht es an diesem Tag auch nicht, es geht um die Liebe zum Spielen. Um Gerlach und seine Mitspieler herumstehen weitere Tische, an denen Erwachsene sitzen und auf Spielkarten, Würfel oder Spielbretter schauen. Sie alle teilen eine Leidenschaft: Gesellschaftsspiele.

Die Spielenden verteilen sich über mehrere Räume. "Gamechanger - der Brettspieletreff" nennt sich die Veranstaltung. Alle zwei Wochen treffen sie sich. Immer am Wochenende, immer ab 14 Uhr. Dann wird ein großer, fahrbarer Spieleschrank hereingerollt und der Spaß beginnt. Mehrere hundert Spiele befinden sich in einer Art Stahlgitterkonstruktion. Schwarze Gummibänder halten die Kartons zusammen. Im Schrank stehen Klassiker wie "Skip Bo" und "Scrabble", aber auch Neues wie das Kartenspiel "Sea, Salt & Paper" oder das auf einem Videogame basierende Spiel "Dorfromantik" - das Spiel des Jahres 2023. Der Bestand wird regelmäßig aktualisiert.

Ehrenamtliche Organisatorin suchte Gleichgesinnte

Den Brettspieletreff in Solingen gibt es seit 2019. Die Idee dazu hatte Julia Schaberg, die an diesem Samstag natürlich auch dabei ist. Sie trägt einen knallblauen Pullover, auf dem ein orangefarbener Würfel gedruckt ist. Darunter steht in schwarzen Buchstaben "Gamechanger". Was heute ein fest etabliertes und beliebtes Event ist, ist sozusagen aus der Not entstanden. "Ich habe vor vier Jahren Leute gesucht, die mit mir Brettspiele spielen und das war gar nicht so leicht. Denn in meinem Freundes-, Bekannten- und Familienkreis macht das leider niemand gerne", erinnert sich Schaberg.

Als sie niemanden findet, beschließt sie, eine Spielegruppe mit fremden Menschen zu starten. Womit sie nicht rechnete: Die Idee trifft einen Nerv und zieht viele Erwachsene an. "Ich wurde tatsächlich ein bisschen überrannt. Mittlerweile sind wir hier ein Netzwerk aus über 1000 Leuten, was ich total krass finde." An den Treffen in den Räumlichkeiten der AWO Solingen können bis zu 60 Leute teilnehmen, erzählt Schaberg weiter. All das organisiert sie ehrenamtlich. Die Treffen werden durch freiwillige Spenden der Teilnehmer finanziert.

Gute Gespräche und nette Gesellschaft

Mittlerweile ist es vor den Fenstern dunkel geworden. Der Raum ist erfüllt von Stimmengewirr. An einem der Spieltische wird gewürfelt, an einem anderen ermittelt. Ein Krimispiel ist vor Iris Franke und drei weiteren Spielern ausgebreitet. Es gilt einen Mord aufzuklären. Die Düsseldorferin ist zum ersten Mal hier. "Wir sind speziell für Krimispiele da. Sehr spannend", sagt sie und wirkt dabei sichtlich begeistert. "Ermitteln ist super!"

Neben dem Spaß am Spielen schätzen die Teilnehmer auch noch andere Aspekte: "Man kann neue Spiele kennenlernen, ohne erst einmal Geld auszugeben", sagt eine Spielerin. Und auch das Beisammensein, die Gespräche, das Kennenlernen von neuen Leuten finden die Spielenden toll. Zwischendrin wird auch gemeinsam Essen bestellt und so neue Energie für weitere Spielrunden getankt.

Die Teilnehmer des Spieletreffs kommen nicht nur aus Solingen und dem Bergischen Land. Auch aus Städten wie Düsseldorf oder Köln kommen sie angefahren. Roman Gerlach ist sogar aus dem Emsland angereist. Da er vorhat, bis in die Nacht zu spielen, übernachtet er bei seiner in Solingen lebenden Schwester. Doch noch ist an Schlaf nicht zu denken - erst einmal stehen noch einige Stunden Galaxiebefreiung bevor.

Über dieses Thema haben wir auch am 20.11.2023 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Bergisches Land, 19.30 Uhr.