Lebendiges Dorf: Mit Ehrenamtlern zur eigenen Kegelbahn
Stand: 18.02.2024, 09:11 Uhr
In Keppeln entsteht eine neue Kegelbahn. Das Besondere daran: Sie wird komplett ehrenamtlich gebaut. Jung und Alt packen dabei mit an. Eine Geschichte darüber, was der Zusammenhalt eines Dorfes möglich macht.
Von Birgit Pasz
Kurz nach 8 Uhr am Samstagmorgen ist es an der Baustelle noch dunkel. Große Leuchtstrahler sind auf die Holzkonstruktion gerichtet. Drei Männer mit Handschuhen und Wollmütze knien nebeneinander auf den langen Holzbohlen. Sie sägen zurecht, legen an, hämmern fest. Trotz der frühen Uhrzeit und des trüben Wetters ist richtig was los. Heute wird das Dach gemacht. Alles wirkt wie auf einer ganz normalen Baustelle. Der Unterschied: Geld bekommt hier keiner für seine Arbeit. Fast jeder Handgriff ist ehrenamtlich. Seit Oktober vergangenen Jahres wird hier an der Bürgerbegegnungsstätte "Zur Dorfschule" daran gearbeitet, eine neue Kegelbahn anzubauen.
Direkt an die Bürgerbegegnungsstätte in Keppeln bauen die Ehrenamtler die Kegelbahn
Finn Baumann steht ebenfalls oben auf der Dachkonstruktion, ein paar Meter von den knienden Männern entfernt. Er schaut, wo er mit anpacken kann. Der 21-Jährige ist extra früh aufgestanden, um mitzuhelfen. "Ein echter Handwerker bin ich nicht", gibt Baumann zu. "Ich mache eine Ausbildung zum Systemtechniker. Die Arbeit hier am Bau ist eine schöne Abwechslung. Es macht einfach Spaß, hier mit anzupacken."
Warum sich Finn Baumann auf die neue Kegelbahn im Ort freut
00:12 Min.. Verfügbar bis 18.02.2026.
Einen Kegelclub haben Baumann und seine Freunde schon gegründet. Der Name des Clubs lautet "Daumen hoch". "Als ich bei einem Treffen im Freundeskreis gefragt habe, wer Lust hat zu kegeln, haben alle den Daumen hochgehalten. So entstand der Name", sagt Baumann.
150 Helfer und Sponsoren
Wer durch Keppeln, ein Ortsteil der Gemeinde Uedem im Niederrhein, spazieren geht, bekommt schnell ein Gefühl von Dorf. Knapp 1.600 Menschen leben hier. Am Rand des Ortes steht eine rote Kirche, drumherum flaches Land und weitläufige Felder, der örtliche Fußballverein spielt in der Kreisliga. Hört man sich in den Dörfern in NRW um, stehen viele vor denselben Herausforderungen. Junge Menschen ziehen in die Städte, die Bevölkerung schrumpft und die lokale Infrastruktur - Metzger, Bäckereien und der kleine Einkaufsladen - kommt zum Erliegen. Was in Keppeln aber auch typisch Dorf ist: Man hält zusammen. Not macht eben erfinderisch - und kreativ.
Michael Paeßens hat die Bauleitung übernommen
Einer, der weiß, wie eng so ein Dorf zusammenhalten kann, ist Michael Paeßens. Paeßens ist ehrenamtlicher Bauleiter des Projekts. "Mit so vielen Helfern werden wir das Dach heute dicht bekommen", sagt er zufrieden und wirft einen Blick auf seine Pläne. "Mittlerweile informieren wir 150 Mitglieder in unserer WhatsApp-Gruppe über sämtliche Baumaßnahmen und fragen ab, wer wann Zeit hat zu helfen. Für heute hatten sich 30 Helfer gemeldet."
In der Gruppe wird auch die Verpflegung der Helfer für die einzelnen Tage organisiert. Um 10 Uhr wird gemeinsam gefrühstückt. Kraft tanken, aufwärmen und kurz quatschen. Dann geht es weiter.
Am späten Nachmittag werden die letzten Holzbretter verlegt. Das Dach ist dicht. Alle sind zufrieden.
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Trendsport Kegeln
Ohne den Zusammenhalt wäre das Projekt nicht zu stemmen. Rund die Hälfte der Gesamtkosten für den Bau werden durch die ehrenamtlichen Helfer eingespart. Materialkosten fallen trotzdem an. Deswegen bezuschusst die Gemeinde den Bau mit 123.000 Euro. Eine kleine Finanzierungslücke gibt es noch. Auf der Baustelle zweifelt niemand daran, dass sie gemeinsam auch für dieses Problem eine Lösung finden werden. Das Projekt ist schließlich ein bisschen Lebensversicherung und Anti-Aging-Kur für das Dorf zugleich.
Die Anfrage für Termine auf der Bahn ist schon Monate vor Fertigstellung riesig. "Schon im Sommer werden hier auf zwei Bahnen die Kugeln rollen. Mehr als 20 Kegelclubs haben sich angemeldet", sagt Wenzel Hoppmann vom Trägerverein der Begegnungsstätte. Was ihn freut: "Besonders bei jungen Leuten scheint Kegeln wieder voll im Trend zu sein."
Über dieses Thema haben wir auch am 18.01.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Duisburg, 19:30 Uhr