Sophia Sädler von der AOK zeigt Ralf Wouters einen ausgedruckten Tagesplan, an dem sich Demenzkranke orientieren können.

Wenn die Partnerin Demenz hat: Tipps für pflegende Angehörige

Krefeld | Füreinander

Stand: 21.03.2025, 07:23 Uhr

Demenz macht den Alltag zu einer großen Herausforderung. Für die Betroffenen selbst, aber auch für ihre Angehörigen. In einer besonderen Wohnung gibt es viele einfache Tipps für ein wenig Erleichterung.

Von Stefan Weisemann (Text) und Markus Waerder (Multimedia)

Ralf Wouters steht im Eingangsbereich einer Wohnung. An der Wand hängen Bilder, auf einer Schuhbank steht eine Pflanze, neben ihm steht ein Kleiderständer. Auf den ersten Blick sieht es aus wie in einem normalen Zuhause. Allerdings hat Wouters keine normale Wohnung betreten. Es ist eine mobile Muster-Wohnung für Menschen mit Demenz, die Station in Krefeld macht.

Vor drei Jahren hat seine Frau die Diagnose Alzheimer bekommen, das ist eine bestimmte Form von Demenz. Jetzt will Wouters so viele Tipps für ihren gemeinsamen Alltag mitnehmen wie möglich. Den ersten gibt ihm Sophia Sädler, Demenz-Fachberaterin bei der Krankenkasse AOK, direkt am Anfang: "Ganz einfach und kostengünstig umzusetzen: Einen Schuhanzieher in Rot, damit man ihn besser sieht." Wouters erfährt: Starke Kontraste sind wichtig, damit Demenzkranke Dinge besser erkennen können. In diesem Fall den knallroten Schuhanzieher. Der nächste Tipp folgt direkt.

Ein Tagesplan als Orientierung 00:32 Min. Verfügbar bis 21.03.2027

Für Wouters ist das direkt ein Tipp, der seinen Alltag tatsächlich erleichtern könnte. Und auch den seiner Frau. Denn wegen ihrer fortschreitenden Demenz vergisst sie viel und weiß oft auch nicht, welche Tageszeit gerade ist. Was früher alltägliche Routine war, ist zu einer großen Herausforderung geworden.

Volkskrankheit Demenz

In Deutschland leben rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz, sagt die Deutsche Alzheimer Gesellschaft. In NRW alleine sind es rund 360.000. Tendenz steigend, weil die Menschen immer älter werden. Frauen sind dabei deutlich häufiger betroffen als Männer. Bisher gibt es keine Medikamente oder Therapien, um Demenz zu heilen. Das Fortschreiten der Krankheit kann aber verzögert und der Alltag für die Betroffenen einfacher gemacht werden.

Gerade zu Hause ist das wichtig. Denn knapp 70 Prozent der Demenzkranken leben laut der Studie "Hohes Alter in Deutschland" in den eigenen vier Wänden. Oft gepflegt durch Angehörige. So wie bei Wouters. "Ich föhne meiner Frau die Haare, mache ihr die Fingernägel, koche. Ich bin schon sehr vielseitig", sagt er. Die Krankheit seiner Frau bestimmt mittlerweile auch seinen Alltag komplett. "Für mich war das eine sehr große Umstellung, da habe ich ja nicht mit gerechnet. Aber ich habe immer eine positive Einstellung."

Viele kleinere und größere Alltagshelfer

Diese positive Einstellung merkt man ihm an. Dankbar nimmt er jeden Tipp für kleinere Verbesserungen im Alltag auf. Davon gibt es in der Muster-Wohnung in jeder Ecke welche: Eine Stofftasche um den Pfannengriff, damit man sich daran nicht verbrennen kann. Eine offene Kleiderstange statt eines geschlossenen Kleiderschranks. Und immer wieder das Thema Kontraste, um Demenzkranken Orientierung zu geben. Das weiße Waschbecken hat hier einen rot abgeklebten Rand, der weiße Essteller steht auf einem roten Tischset.

Alltagshelfer für Demenzkranke: Wichtige Tipps für die Wohnung

Weiter geht es ins Wohnzimmer der Muster-Wohnung. Auf dem Couchtisch liegt ein aufgeklapptes Fotoalbum mit alten Schwarz-Weiß-Bildern. Es steht symbolisch für "Biografiearbeit", sagt Beraterin Sädler, "dass man sich wirklich mit dem Leben des Menschen auseinandersetzt." Oft verstauben Alben mit alten Fotos im Schrank, dabei können sie für Demenzkranke eine ganz wichtige Erinnerungsstütze sein.

Alte Fotoalben als Erinnerungsstütze 00:20 Min. Verfügbar bis 21.03.2027

Wouters ist inzwischen wieder an der Eingangstür angekommen. Expertin Sädler betont zum Abschluss: Nicht für jeden ist jeder Tipp geeignet. "Aber ich mache die Erfahrung, dass jeder hier rausgeht und irgendwas für sich mitnimmt. Vor allem die Kleinigkeiten, für die man im Alltag nicht so einen Blick hat."

Die Muster-Wohnung ist nicht dauerhaft an einem Ort geöffnet. Sie tourt regelmäßig durch verschiedene Städte im Rheinland. 2025 macht sie noch in Wesel, Köln, Euskirchen, Düsseldorf und Siegburg Station. Wer sich dort Tipps abholen möchte, sollte sich vorher anmelden.

Über dieses Thema haben wir auch am 12.02.2025 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Düsseldorf, 19.30 Uhr.