Wenn die Musikstunde für Senioren per App kommt

Essen | Füreinander

Stand: 29.07.2023, 16:33 Uhr

Ralf Heinser hat sich über eine App als ehrenamtlicher Helfer beim Pflegeheim St. Martin in Essen Rüttenscheid gemeldet. Nun gibt er zweimal die Woche einen Musikkurs und macht die Heimbewohner damit glücklich.

Von Dirk Groß-Langenhoff

Hannelore Grundmann spielt sich die Seele aus dem Leib. Sie trommelt auf den Bongos, als wäre sie 28 Jahre alt. Dabei ist sie schon 88 und lebt im Pflegeheim St. Martin in Essen-Rüttenscheid. Einmal die Woche nimmt sie am Musikkurs von Ralf Heinser teil.

Ralf Heinser ist gerade in den Ruhestand gegangen. Sein Hobby ist die Musik. „Über die Nyby-App habe ich mich beim Pflegeheim als ehrenamtlicher Helfer registriert und nun gebe ich hier zweimal in der Woche einen Musikkurs“, sagt der 61-jährige Rentner.

Ralf Heinser freut sich, dass er die Heimbewohner glücklich machen kann 00:27 Min. UT Verfügbar bis 01.06.2025

Nyby ist Norwegisch und bedeutet übersetzt "neue Stadt". Das ist kein Zufall, denn die Ehrenamts-App selbst wurde in Norwegen entwickelt. In der App können zu bestimmten Aufgabenbereichen lokale Helfergruppen angelegt werden. Anders ausgedrückt: Eine Einrichtung kauft die App, und jeder und jede aus Komune oder auch Viertel, kann seine Hilfe darauf anbieten. Damit sollen ehrenamtliche Aufgaben besser organisiert werden, vor allem, um überlastete Pflege- und Gesundheitssytsem zu entlasten.

Hilfe und Spaß per App: Das Pflegeheim in Essen findet so Ehrenamtliche | Bildquelle: WDR

Rund 70 Organisationen in Norwegen und Deutschland nutzen, die App inzwischen. Eine davon ist das Pflegeheim St. Martin. Aber erfüllt sie auch wirklich ihren Zweck?

In Essen-Rüttenscheid jedenfalls ist Ralf Heinser nicht der einzige, der Nyby nutzt. Seit der Einführung im Pflegeheim im Januar 2022 haben sich mehr als hundert Freiwillige aus dem Viertel gemeldet: zwischen 16 und 86 Jahren ist alles dabei. Im Pflegeheim waren alle überrascht über so viele engagierte Menschen.

Das Geheimnis: Die App funktioniert niederschwellig. Das Heim stellt die Wünsche der Bewohner – wie zum Beispiel Konzertbesuche oder Spaziergänge – in die App ein, und die registrierten Helfer können sich melden, wenn sie einen Wunsch erfüllen können.

Pflegeheim investiert 50.000 Euro für die App

Das kann eine einmalige Unterstützung sein oder wie bei Ralf Heinser mehrmals pro Woche. Die fitte Hannelore Grundmann ist dabei, aber auch demenzkranke Heimbewohner, die richtig aufblühen, wenn sie eine Rassel oder ein Tamburin spielen können.

Ehrenamtler macht mit Heimbewohnern Musik | Bildquelle: WDR / Dirk Groß-Langenhoff

Ralf Heinser stehen die Freudentränen in den Augen: „Dieser 84-jährige Mann ist hier ganz traurig eingezogen. Aber in meinem Musikkurs ist er richtig aufgeblüht und neue Lebensqualität gewonnen.

Das Pflegeheim investiert rund 50.000 Euro im Jahr für den Betrieb der App. Aber die Leitung des Hauses sieht es als lohnende Investition. „Unsere Bewohner sind einfach glücklicher und unsere Pflegekräfte spüren dadurch eine deutliche Entlastung“, sagt Geschäftsführer Markus Kampling.

Hannelore Grundmann hat sich beim Bongo-Spielen einen Bluterguss im Mittelfinger ihrer linken Hand geholt. „Das Spielen macht einfach so viel Spaß“, sagt die 88-Jährige, „da habe ich es gar nicht gemerkt. Das geht schon wieder weg. Jetzt weiß ich, dass ich nicht so doll zuschlagen muss.

Ralf Heinse hofft, dass sich noch mehr Menschen in Essen bei der NYBY-App registrieren, um den Bewohnern ihre Wünsche zu erfüllen.