Mann mit orangefarbenem Helm, Gesichtsschutz und Atemmaske schaut in die Kamera

Ranga Yogeshwars Facebook-"Tagebuch"

"Fukushima hat mich aufgewühlt"

Stand: 28.10.2014, 12:57 Uhr

Ranga Yogeshwar hat seine Eindrücke von seiner Reise nach Fukushima auf seiner Facebook-Seite festgehalten. Eine Auswahl seiner Einträge.

 "Fukushima hat mich aufgewühlt, denn immer wieder begegnete mir auf dieser Reise eine sonderbare Tragik. Davon will ich erzählen."

9.9.2014

"Die Küstenstadt Tomioka wurde durch den Tsunami in weiten Teilen zerstört. Tomioka hat ein doppelt schweres Schicksal erlitten: Neben der Zerstörung durch Erdbeben und Wasser wurde die Stadt auch von der radioaktiven Wolke getroffen und ist jetzt ein Sperrbezirk. Alles liegt da wie unmittelbar nach dem Desaster: zerbeulte Autos, zerstörte Fassaden, eine  Einkaufsstraße mit Geschäften, die menschenleer ist. Die Zeit steht still."

10.9.2014

Straßensperre mit Warnhütchen, Mann in Schutzkleidung schließt ein Tor

Die gesperrte rote Zone von Itate

"Wir besuchen das verlassene Stadthaus von Itate. Innen erkennt man, wie lebendig die Dorfgemeinschaft hier zusammengelebt haben muss. Doch diese Gemeinschaft gibt es jetzt nicht mehr. Herr Sugihara hat seine Heimat verloren - ein Bürgermeister ohne Bürger. Mit meinem Messgerät stelle ich fest, dass die Radioaktivität in unmittelbarer Bodennähe deutlich verringert ist. Doch sobald ich mein Messgerät etwas höher halte, schlägt es wieder aus. Das gesamte Umland, die Büsche, die Wälder und Felder strahlen derartig, dass lokale Sanierung wenig Sinn macht. Alle Bürger haben die Stadt verlassen müssen, sie gehört zur roten Zone. Itate dürfte für die nächsten 30 Jahre unbewohnbar sein."

13.9.2014

Drei Zahlenskalen auf hellgrüner Wand, darüber und darunter kleben Beschriftungen

Die Kühlwasseranzeige im Kontrollraum von Block Eins

"Mitten im Kontrollraum von Block Eins erkenne ich die Kühlwasseranzeige des Reaktors. Unmittelbar nach der Katastrophe fiel der Strom aus und die Techniker saßen plötzlich in völliger Dunkelheit. Alle Instrumente waren ausgefallen. In einer verzweifelten Aktion versuchte man mit Hilfe von Autobatterien zumindest die wichtigsten Anzeigen wieder in Betrieb zu nehmen. Entscheidend dabei war die Kühlwasseranzeige, die das Niveau des Kühlwassers innerhalb des Reaktors anzeigt. Stunde für Stunde notieren die Techniker die Werte. Die letzten Werte stammen vom frühen Morgen des 12. März 2011. Gegen 10.17 mitteleuropäischer Zeit versucht man, durch den Reaktordruck zu entlasten. Um 15.36 kommt es zu einer Wasserstoffexplosion. Dach und Wände im oberen Bereich des Reaktorgebäudes werden zerstört - Bilder, die damals um die Welt gingen."

"Für unsere Dreharbeiten auf dem Reaktorgelände müssen wir alles ausziehen, bis auf unsere Unterhose. Dann werden wir neu eingekleidet. Die Schutzanzüge sind luftdicht. Ich trage drei Paar Handschuhe und eine Vollgesichtsmaske. Der Anzug schützt übrigens nicht vor der umgebenden Strahlung. Dazu müsste man einen Schutzpanzer aus dickem Blei tragen. Der Schutzanzug verhindert lediglich, dass man radioaktiven Staub einatmet und dieser dann den Körper auf Dauer belastet. Auf dem Reaktorgelände muss ich ständig das Strahlungsniveau überprüfen, um das Team vor einer zu hohen Belastung zu schützen. Am Abend nach dem Dreh werte ich die Daten aus und bin erleichtert, dass es uns gelungen ist, mit einer vertretbaren Dosis davon zu kommen."