Streit mit Rossija TV - ARD/WDR-Dopingexperte: "reihenweise abstruse Fragen"

Stand: 14.06.2016, 16:38 Uhr

Der russische Fernsehsender Rossija TV verbreitete am 9. Juni 2016 in seinen Abendnachrichten ein nicht freigebenes Interview mit dem ARD/WDR-Dopingexperten Hajo Seppelt, das am selben Tag in Köln stattfand.

Seppelt wurde während des Interviews, das die russische Journalistin Olga Skabejewa führte, mit vielen merkwürdigen und provozierenden Fragen überrascht. Als sich die Gesprächssituation zuspitzte, brach Seppelt das Interview ab. Obwohl er dem russischen TV-Team die Erlaubnis zu filmen und ihn zu interviewen entzog, verließ es trotz wiederholter Aufforderungen über einen Zeitraum von 30 Minuten nicht den Raum und stoppte auch die Filmaufnahmen nicht. Zudem wurde unerlaubterweise der private Bereich Seppelts in einem Kölner Hotelappartement gedreht.

Angeblicher Grund der Interviewanfrage von Rossija TV war die Ausstrahlung der WDR-Doku "Geheimsache Doping - Showdown für Russland" am 8. Juni im Ersten. Darin erhärtet Hajo Seppelt mit bislang unveröffentlichten Dokumenten den Verdacht, dass die russische Regierung und Sportminister Witalij Mutko direkt an der Vertuschung des staatlich gesteuerten Dopings beteiligt war. Den russischen Leichtathleten droht aufgrund dieser Rechercheergebnisse eine Sperre für die olympischen Spiele in Rio de Janeiro. Am 17. Juni 2016 entscheidet der Internationale Leichtathletik-Verband IAAF darüber.

Hajo Seppelt zur Gesprächssituation: "Natürlich wäre es besser gewesen, gelassener auf das Verhalten des russischen TV-Teams zu reagieren. Als mir klar wurde, dass es bei dem Interviewtermin nur vordergründig um die Sache ging, stattdessen jedoch reihenweise abstruse Fragen gestellt wurden wie etwa, ob ich ein bezahlter Agent des Westens sei und warum ich Russland schaden wolle, wurde ich misstrauisch. Als dann noch unerlaubt in meinem Schlafbereich und in der Küche gedreht wurde und das Team sich eine halbe Stunde lang weigerte, die Räumlichkeiten zu verlassen, reichte es und mir ist einfach der Kragen geplatzt. Jetzt weiß ich, wie es ist, wenn das russische Staatsfernsehen kommt."

"Hajo Seppelt gehört zu den renommiertesten und besten Sportjournalisten von WDR und ARD, wir sind stolz auf seine investigativen Filme und vertrauen seinen Recherchen", so WDR-Unternehmenssprecherin Ingrid Schmitz. "Das Interview mit Hajo Seppelt, das im russischen Fernsehsender Rossija TV gezeigt wurde, ist weder von ihm noch vom WDR freigegeben worden. Darauf haben wir den Sender im Vorfeld schriftlich hingewiesen.

Seppelt ist für seine investigativen Recherchen in Sachen Doping bereits mehrfach international ausgezeichnet worden und hat unter Dopingexperten weltweit ein hohes Ansehen. Im Herbst dieses Jahres wird er mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis ausgezeichnet.