Frank Deja und der "heilige Obama"
Stand: 08.11.2016, 16:01 Uhr
Der Simultan-Dolmetscher Frank Deja war eine der deutschen ARD-Fernsehstimmen des scheidenden US-Präsidenten Barack Obama. In der Wahlnacht (8./9.11.) war er für den WDR im Einsatz, um Obamas O-Töne live ins Deutsche zu übertragen. Uns hat Deja verraten, warum er künftig wohl mehr spenden wird.
Von Barbara Buchholz
Sie haben Barack Obama jahrelang für verschiedene ARD-Sendungen gedolmetscht - baut man da eine Verbindung auf?
Frank Deja: Ich bin ja nicht der einzige, der Barack Obama im deutschen Fernsehen gedolmetscht hat, und er kennt mich ja auch gar nicht. Allerdings gehört zum Simultan-Dolmetschen schon eine Menge Empathie: Man muss sich in das Denken, in den Redefluss des Sprechenden hineinfühlen. Wenn man jemanden mehrfach gedolmetscht hat, ahnt man schneller, wie ein Satz weitergesprochen wird.
Spielt es eine Rolle, wie sympathisch einem derjenige ist?
Deja: Ja, absolut. Nach acht Jahren George W. Bush waren die acht Jahre Obama für mich wirklich eine Freude. Es fällt mir natürlich leichter, mich in jemanden hineinzudenken, dessen Denke ich in gewisser Weise teile. Wenn Obama allerdings vorbereitete Reden liest, ist er sehr schwer zu dolmetschen, weil er zwar ruhig spricht, aber mit hoher Inhaltsdichte. Das war bei George W. Bush anders, der ist ja mit sehr wenigen Gedanken ausgekommen - und Trump kommt mit noch weniger aus. Ein großer Genuss für mich ist Obama in freier Rede, wenn er in den Antworten erst seine Gedanken formuliert. Da kann ich mich sehr gut reinhaken.
Was macht es ansonsten besonders, Obama zu dolmetschen?
Deja: Die Herausforderung ist sicher, dass er praktisch keine Phrasen von sich gibt, seine Sätze haben immer irgendeinen Inhalt, den man erfassen muss. Er benutzt eine sehr anspruchsvolle Sprache - anders als Bush oder Trump.
Können Sie sich an eine witzige Anekdote beim Obama-Dolmetschen erinnern?
Deja: An einen dummen Fehler kann ich mich erinnern, bei einer Rede vor Studenten. Obama sagte, man dürfe bei all den Problemen in der Welt nicht erwarten, dass plötzlich Barack Hussein Obama kommt und alles wieder gut macht. Mir war in dem Moment Obamas zweiter Vorname nicht mehr gegenwärtig und ich habe "Barack Saint Obama" verstanden. Ich habe also "der heilige Obama" übersetzt... Es passte aber irgendwie inhaltlich, war lustig, und es hat sich auch niemand beschwert.
Jetzt endet Obamas Amtszeit und damit auch Ihre als deutsche Fernsehstimme von Mr. President. Sind Sie ein bisschen traurig?
Deja: Nein. Alles ist mir lieber, als plötzlich die deutsche Stimme von Donald Trump zu werden, falls es dazu kommen sollte. Lieber verzichte ich auf Umsatz, als mit Trump als amerikanischem Präsidenten zu leben.
Sollte es aber doch so kommen, würden Sie Trump denn dolmetschen?
Deja: Das frage ich mich, seit sich abzeichnet, dass das überhaupt eine Möglichkeit ist. Ganz ehrlich, das ist eine schwierige Entscheidung, vor allem, weil ich ja auch meine Kunden nicht im Regen stehen lassen kann. Meine Frau hatte eine großartige Idee, die ich für diesen schlimmsten aller denkbaren Fälle wahrscheinlich aufgreifen werde: Trump zu dolmetschen und alles, was ich damit verdiene, für einen guten Zweck im Anti-Trump-Sinne zu spenden.