Fusion von Immobilienriesen

Annington will Gagfah übernehmen

Stand: 01.12.2014, 16:14 Uhr

Die deutsche Immobilienbranche steht vor einer Großfusion: Mit dem Bochumer Unternehmen Deutsche Annington und der Gagfah in Mülheim wollen sich zwei der größten Immobilienkonzerne des Landes zusammenschließen. Angeblich auch zum Vorteil der Mieter.

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Sollte die geplante Fusion funktionieren, hätten zukünftig 350.000 Wohnungen in Deutschland denselben Vermieter. "Es werden mehr als eine Million Menschen bei uns wohnen", sagte Rolf Buch, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Annington, nach Agenturberichten am Montagmorgen (01.12.2014). Zusammen wären Deutsche Annington und Gagfah das zweitgrößte Unternehmen der Branche in Europa. Man werde dann einen neuen, gemeinsamen Namen und auch einen Ort für die gemeinsame Unternehmenszentrale finden, sagte Buch. Personalabbau sei nicht geplant. Der Wert des zukünftigen Unternehmens soll sich nach Angaben der Deutschen Annington auf rund 21 Milliarden Euro belaufen.

Gagfah-Aktionäre müssten mitmachen

Im Grunde ist es eine Übernahme des Ruhrgebiets-Unternehmens Gagfah durch Annington: Jeweils die Hälfte der 3,9 Milliarden Euro schweren Kaufsumme will Annington in bar und in eigenen Aktien zahlen. Den Gagfah-Aktionären bietet Annington nach eigenen Angaben je Anteilsschein 18 Euro in bar plus eigene Aktien. So bekomme jeder Aktionär für 14 Gagfah-Aktien 122,52 Euro sowie fünf neue Deutsche-Annington-Aktien. Das offizielle Angebot soll noch vor Weihnachten vorgelegt werden. Bis zum 21. Januar 2015 muss sich entscheiden, ob sich die Gagfah-Aktionäre dafür gewinnen lassen.

Mit der Fusion wollen die beiden Unternehmen nach eigenen Angaben rund 84 Millionen Euro einsparen. Mieter würden "weiterhin von bezahlbarem Wohnraum, Investitionen in energetische Sanierung und Schaffung altersgerechten Wohnraums profitieren", kündigte Buch außerdem an. Der jetzige Annington-Chef soll auch im neuen Unternehmen Vorstandsvorsitzender werden, der derzeitige Gagfah-Chef Thomas Zinnöcker dann sein Stellvertreter. Nach Agenturmeldungen sagte Zinnöcker den Mietern zu, "dass die Gagfah alle abgeschlossenen Vereinbarungen einhält und dass die gemeinsame Gesellschaft sich an ihrem Anspruch als sozial verantwortlicher Vermieter messen lässt".

Mieter klagen über schlechten Service

In den Ohren vieler Annington-Mieter könnten die Worte der beiden Immobilienriesen allerdings wie Hohn klingen. Seit Jahren schon sind beide Unternehmen nicht gerade für Mieterfreundlichkeit bekannt, wie die WDR-Doku "die story" noch vor Kurzem zeigte. Zehntausende Mieter klagen demnach in Internetforen und bei Mietervereinen über schlechten Service und undurchsichtige Nebenkostenabrechnungen. Die Annington vernachlässige ihre Altbauwohnungen, ganze Stadtteile würden so verkommen.

Entstanden sind die beiden Unternehmen auf ähnlich Weise: Private Finanzinvestoren hatten staatliche und Werkswohnungen über Kredite gekauft und dann an die Börse gebracht. Die Gagfah hatte so mit den Wohnungen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) angefangen und dann die kommunalen Wohnungsgesellschaften Nileg in Hannover und Woba in Dresden hinzuerworben. Die Deutsche Annington besteht aus ehemaligen Eisenbahner-Wohnungen und den ehemaligen Werkswohnungen von E.ON und RWE. Der Investor Terra Firma hatte sie 2013 an die Börse gebracht, Gagfah ist dort seit 2006 notiert. Es ist bereits die zweite Großfusion unter börsennotierten Wohnungsgesellschaften in Deutschland. Vor einem Jahr hatten die Deutsche Wohnen und die GSW ihren Zusammenschluss angekündigt.

Minister Groschek mahnt "soziale Rendite" für Mieter an

NRW-Wohnungsbauminister Michael Groschek (SPD) sagte am Montag in Düsseldorf, sollte das Kartellamt den Zusammenschluss genehmigen, würde "ein neuer Immobilienriese in Deutschland" entstehen. Viele Altbestände befänden sich an Rhein und Ruhr. "Der Zusammenschluss darf nicht nur eine Börsenrendite abwerfen, sondern muss den Mieterinnen und Mietern auch eine soziale Rendite bescheren." Deshalb habe er den designierten Vorstandsvorsitzenden und seinem Stellvertreter telefonisch eine Einladung ins Ministerium angekündigt. "Mein Ziel ist der Abschluss eines Kontraktes 'Gut und bezahlbar Wohnen' zwischen unserem Bündnis für Wohnen und dem neuen Branchenriesen", sagte der Minister.

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