WESTPOL über das Schreiben in der Grundschule

Stirbt die Schreibschrift?

Stand: 26.09.2014, 12:00 Uhr

Die klassische Schreibschrift hat ausgedient, zumindest an einigen Grundschulen in NRW. Dort lernen die Kinder seit einigen Jahren eine Grundschrift, die sich an Druckbuchstaben orientiert. Kritiker befürchten einen Kulturverlust. Was meinen Sie? Stimmen Sie ab!

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Welche Schriften werden eigentlich gelehrt?

Bis in die 80er Jahre hinein dominierte im Westen die verschnörkelte Lateinische Ausgangsschrift, in Ostdeutschland wird immer noch mit der schlichteren Schulausgangsschrift begonnen. Bundesweit lernen inzwischen nach Einschätzung der Schulbuchverlage die meisten Erst- und Zweitklässler eine vereinfachte Schreibschrift, auf die jedoch mehr und mehr Schulen komplett verzichten.

Die neue Grundschrift besteht aus Druckbuchstaben, die zu einer eigenen Handschrift verbunden werden sollen.

Woher kommt die neue Grundschrift?

Die Schrift wurde vom Grundschulverband entwickelt, weil sie Schülern beispielsweise den Umweg über eine Schreibschrift erspart und leichter zu lernen ist. Kritiker befürchten, dass seit Generationen bewährte Schreibschriften verloren gehen könnten.

Wo wird die Grundschrift unterrrichtet?

Erlaubt ist die Grundschrift unter anderem in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Hamburg und Thüringen. In Bayern war bisher die vereinfachte Ausgangsschrift vorgeschrieben, seit diesem Schuljahr kann aber auch dort die Schulausgangsschrift unterrichtet werden. In Baden-Württemberg wird die Grundschrift derzeit an 17 Grundschulen erprobt. Wie viele Grundschulen bereits ausschließlich mit den Druckbuchstaben arbeiten, ist nicht bekannt.

Was sagen die Kritiker der Grundschrift?

Die Schreiblehrerin und langjährige Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Lesen und Schreiben, Ute Andresen, hält die Grundschrift für eine Notlösung mit unkalkulierbaren Folgen: "Es droht ein Bildungs- und Kulturverlust." Nur mit einer echten Schreibschrift könne ein Schreiber seine Gedanken fließen lassen, betont Andresen. "Man lernt mehr, als Buchstaben zu produzieren. Das ist mit dem Erlernen eines Musikinstrumentes vergleichbar." Auch in Ländern wie England oder Kanada, die lange allein auf Druckschrift gesetzt hätten, gebe es ein Umdenken.

Der Leiter der "Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung", Wilfried Bos, bemängelt, dass es keine fundierten Studien gebe. In den Vereinigten Staaten und Kanada haben zumindest mehrere Studien ergeben, dass Schüler, die eine Verbundschrift beherrschen, sich Texte besser merken und ihren Sinn besser erfassen können. "Es ist bewiesen, dass eine verbundene Handschrift mit Richtungsänderungen einen höheren Lerneffekt hat als die Druckschrift", meint denn auch die Bildungsforscherin Stephanie Müller. Mit einer verbundenen Schrift könne man zudem viel schneller schreiben, als wenn man - wie bei der Druckschrift - jeden Buchstaben neu ansetzen müsse.

Was sagen die Befürworter der Grundschrift?

Von positiven Erfahrungen berichtet dagegen Cornelia Breitkreuz von der Grundschule am Moor in Neu-Wulmstorf bei Hamburg. Dort wurde die Schreibschrift vor einem Jahr zunächst für die Erst- und Zweitklässler abgeschafft. "Bis auf wenige haben alle sehr ansprechende Schriften entwickelt", sagt die Deutsch-Fachleiterin. Ähnlich sieht das Ulrike Jürgens, Geschäftsführerin der Schulbuchverlage in Braunschweig: "Für seine Unterschrift muss kein Schüler lange im Unterricht Schönschreiben üben." Die Zeit könnten die Lehrerinnen und Lehrer nutzen, um andere Kompetenzen zu fördern, beispielsweise den Umgang mit neuen Medien, schlägt die Verlagsmanagerin vor.

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Ja, denn sie bietet viele Vorteile.
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Nein, dadurch geht den Kindern zu viel verloren.
76,0 %
Es ist egal, was die Kinder lernen, die Handschrift kann sich später noch entwickeln.
10,2 %

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