Schimmelpilz im Tierfutter, Mais

Über 100 Höfe in NRW betroffen

Mit Schimmelpilzgift verseuchtes Futter

Stand: 03.03.2013, 12:54 Uhr

In NRW sind deutlich mehr Höfe als bisher gedacht mit verdächtigen Futtermitteln beliefert worden. Die Zahl der betroffenen Betriebe habe sich von 15 auf 111 erhöht, so das NRW-Verbraucherschutzministerium am Sonntag.

Bei den betroffenen Betrieben handele es sich vor allem um Schweine-, reine Rinder- und Geflügelbetriebe. Unter den 111 verdächtigen Höfen seien neun Milchvieh-Betriebe, die verdächtiges Futter aus Niedersachsen erhalten hätten. Am Freitag (01.03.2013) war bekanntgeworden, dass aus Serbien importierter Mais mit einem krebserregenden Schimmelpilz vergiftet ist. Fressen Kühe das Futter, reichert sich der Stoff Aflatoxin in der Milch an. Experten gehen derzeit aber nicht von einer Gesundheitsgefährdung aus.

Untersuchungsergebnisse in der kommenden Woche

Das NRW-Landwirtschaftsministerium sei am späten Donnerstagabend (28.02.2013) informiert worden, so ein Sprecher. Schon am Freitagmorgen hatten die Kontrolleure 15 Höfe in den Kreisen Lippe, Minden-Lübbecke und Steinfurt identifiziert, die zwischen Januar bis Februar 2013 insgesamt 29 Lieferungen des belasteten Futtermittels erhalten und an ihr Vieh verfüttert haben. "Die Betriebe werden überprüft", sagte ein Ministeriumssprecher. Derzeit werden im Kreisveterinäramt Ostwestfalen-Lippe Proben von Milch und Futtermittel aus den betroffenen Betrieben gesammelt, um sie anschließend zu analysieren. Mit Ergebnissen wird erst ab Donnerstag (07.03.2013) gerechnet. Zusätzlich hat ein Futtermittelhersteller aus NRW gut 1.000 Tonnen des belasteten Mais bezogen, von denen 200 Tonnen zum Zeitpunkt der Kontrollen bereits verarbeitet waren. Wohin das Futtermittel anschließend geliefert wurde, ist noch nicht endgültig geklärt. In Niedersachsen sind über 3.500 landwirtschaftliche Betriebe betroffen.

Rohmilch wird vorsorglich vernichtet

Eine Gesundheitsgefährdung durch das Aflatoxin B1 halte man für "unwahrscheinlich", hieß es aus Niedersachsen. Auch der Sprecher des NRW-Ministeriums sagte, dass "Fleisch oder Eier nicht das Problem" seien und auch Trinkmilch keine Gefahr darstelle. Eine Gefahr für Verbraucher sei unwahrscheinlich, da sich die Milch von verschiedenen Höfen vermische, wenn die Molkereien sie abholten. Eine Höchstmengenüberschreitung des Aflatoxingehaltes in den Tanks der Molkereien sei in NRW bisher nicht bekannt geworden. Aber: "Es ist nicht auszuschließen, dass Milch auch schon zu Molkereien gelangt ist", sagte ein Sprecher des Landwirtschaftsministerium. Belastete Rohmilch werde vorbeugend vernichtet, weil das Aflatoxin hitzestabil ist und auch durch die Pasteurisierung nicht eliminiert werden könne.

Fressen Kühe das Futter mit dem Schimmelpilzgift Aflatoxin B1, reichert sich der Stoff in der Milch an. Eine Gesundheitsgefahr für Menschen sieht das Bundesinstitut für Risikobewertung bei den gegenwärtig festgestellten Konzentrationen nicht, dennoch wurden Hunderte Milchbetriebe vorsorglich gesperrt. Seit Freitag wird die Milch in allen mit belastetem Futter belieferten Betrieben kontrolliert.

Minister Remmel verlangt mehr Kontrollen

NRW-Landwirtschaftsminister Johannes Remmel (Grüne) mahnte in Düsseldorf strengere Selbstkontrollen der landwirtschaftlichen Betriebe an. "Wir müssen die Kontrollen verstärken und die Eigenkontrollen auf ein Niveau bringen, dass sie wirklich auch wirksam sind", sagte Remmel am Freitag in Düsseldorf. Die Milch werde in Nordrhein-Westfalen von 400 Kontrolleuren überwacht. "Wir hatten seit über zehn Jahren keine großen Auffälligkeiten zu verzeichnen." In einer Stellungnahme des Bundeslandwirtschaftministeriums am Freitag hieß es, man werde untersuchen, ob eine Kontrollinstanz versagt habe. "Es gibt eine strikte Verpflichtung für Kontrollen", sagte Ministeriumssprecher Holger Eichele in Berlin. "Sowohl durch die Futtermittelindustrie als auch durch staatliche Stellen." Nach eigenen Angaben hat das Ministerium in Berlin die Länder bereits im Herbst wegen möglicher Belastungen von Mais mit dem Schimmelpilzgift gewarnt.

Der Deutsche Verband Tiernahrung in Bonn teilte am Freitag mit, die starke Belastung von Mais mit Schimmelpilzgift sei ungewöhlich. Dies habe wohl mit außergewöhnlichem Wetter im vergangenen Sommer zu tun. Die Branche selbst nehme jährlich 2.500 Futtermittelproben auf den Schimmelpilz Aflatoxin.

Bei Routinekontrolle aufgefallen

In Niedersachsen waren Lebensmittelkontrolleure bei einer Routinemessung im ostfriesischen Leer auf die erhöhten Aflatoxin-Werte gestoßen. Der Grenzwert von 50 Nanogramm Aflatoxin pro Kilogramm Milch war dabei leicht überschritten worden. Die Behörden ermittelten eine Schiffsladung von 45.000 Tonnen Mais aus Serbien als Quelle der Belastung. Erlaubt sind 0,02 Mikrogramm Aflatoxin pro Kilo Mais, in dieser Lieferung war der Wert mehr als zehn Mal so hoch. Der Mais war über einen Hamburger Importeur im niedersächsischen Hafen Brake angekommen. Von dort gelangten 10.000 Tonnen Mais in Umlauf, die von 13 niedersächsischen Herstellern zu Mischfutter verarbeitet wurden. Die anderen 35.000 Tonnen konnten rechtzeitig sichergestellt werden.

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