Otto I. steht von Anfang an auf der Siegerseite: Er wird am 23. November 912 in Wallhausen - im heutigen Sachsen-Anhalt - als Sohn eines Eroberers geboren. Sein Vater ist Heinrich der Vogler, der seinem Ostfränkischen Reich Lothringen einverleibt, Schlachten gegen die Slawen östlich der Elbe führt und den Ungarn eine erste empfindliche Niederlage beibringt. Otto profitiert zudem von einer Neuregelung: Um sein Reich vor der Zerstückelung zu bewahren, führt Vater Heinrich eine neue Form der Erbteilung ein, die sogenannte Individualsukzession. Das bedeutet: Einer erbt alles. Otto wird dadurch zum ersten Alleinerben und muss seine Macht nicht mit seinen Geschwistern teilen, wie das zuvor üblich war.
Das Ostfrankenreich ist die wichtigste Macht in Europa, als Otto im Jahr 936 in Aachen zum König gekrönt wird. Zunächst ist der 23-Jährige als Herrscher umstritten. Sein Bruder, der ohne Erbe geblieben ist, verschwört sich mehrfach gegen ihn. Otto besiegt ihn immer wieder, verzichtet aber auf Rache und söhnt sich mit ihm aus. Schließlich versorgt er ihn mit dem Herzogtum Bayern. Wie sein Vater bricht auch Otto mit alten Traditionen: Frei werdende Lehen vergibt er nicht zwangsläufig an die ältesten Erben. Er sucht unter den Nachkommen jenen aus, der zu ihm hält.
Sieg über Ungarn auf dem Lechfeld
Um seine Herrschaft durch persönliche Anwesenheit durchzusetzen, reist Otto Jahr für Jahr in alle Reichsteile. Die Tagesstrecken betragen rund 30 Kilometer. Versorgt wird der bis zu 500 Mann starke Königstross auf den sogenannten Pfalzen, den Stützpunkten für reisende Könige. 955 besiegen Ottos gepanzerte Ritter die Ungarn vernichtend während der Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg. Auch aufständische Slawen werden im selben Jahr niedergekämpft. Durch solche Erfolge wird König Otto zu Otto dem Großen. Seinen Einfluss baut er durch eine Heirat zusätzlich aus: Otto vermählt sich in zweiter Ehe mit Adelheid, der Erbin des Königreichs Italien. 962 wird er von Papst Johannes XII. in Rom zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (noch ohne den Zusatz "deutscher Nation") gekrönt. Otto kann sich nun als Nachfolger Karls des Großen stilisieren.
Doch bald überwirft sich Otto mit dem Papst, der angeblich Unzucht mit Frauen treibt. Otto setzt das Kirchenoberhaupt ab. In der anschließenden Auseinandersetzung mit der Kirche drückt Otto den Einfluss eines Papstes auf den Rang eines Reichsfürsten herab. Papst kann nun nur werden, wer die Erlaubnis des Kaisers hat. Auf vakante Bischofssitze entsendet Otto Priester aus seiner Hofkapelle, die ihm treu sind. Auch außenpolitisch sichert sich Otto ab: Er verheiratet seinen Sohn und designierten Nachfolger Otto II. mit der oströmischen Prinzession Theophanu - und erreicht so die Anerkennung durch den konkurrierenden Kaiser in Byzanz.
"Konsensualer Herrscher"
Otto ist nach Einschätzung von Geschichtsprofessor Gerd Althoff von der Universität Münster kein abgehobener Sonnenkönig, sondern eher ein Moderator: "Otto praktiziert das, was man heute konsensuale Herrschaft nennt." So habe der Herrscher zusammen mit dem Adel und den Kirchenführern über Probleme beraten und dann die Beschlüsse dieser Gruppen ausgeführt. Mit den mächtigen Herzögen von Bayern und Schwaben muss sich Otto arrangieren. "Diese Verpflichtung zur Gerechtigkeits- und Friedenswahrung - das sind ja die beiden Hauptaufgaben der mittelalterlichen Könige - hat Otto ziemlich gut erfüllt", so Historiker Althoff.
Als Otto I. am 7. Mai 973 in seiner heimatlichen Pfalz im sächsischen Memleben im Alter von 60 Jahren stirbt, hinterlässt er ein starkes Land. Er hat den Grundstein für fast 850 Jahre römisch-deutsches Kaisertum gelegt.
Stand: 23.11.2012
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