Blick auf das neue Gebäude des Bundesarchivs in Koblenz

Stichtag

3. Juni 1952 - Das Bundesarchiv in Koblenz nimmt seine Arbeit auf

Es ist das Gedächtnis der Bundesrepublik Deutschland. Alles, was für das Land wichtig ist, wird im Bundesarchiv in Koblenz systematisch gesammelt und aufgehoben. Den Beschluss zur Gründung der Institution fasst die Bundesregierung unter Konrad Adenauer (CDU) am 24. März 1950. Dem Archiv wird unter anderem die Aufgabe gestellt, das "bei der Bundesregierung und ihren Dienststellen anfallende Archivgut" zu ordnen und wissenschaftlich zu verwerten. Auch Materialien aus der Vergangenheit, "der Tätigkeit der ehemaligen deutschen Reichsbehörden und der deutschen Wehrmacht", sollen archiviert werden.

Doch es geht nicht nur um Amtliches: Ergänzend sollen "ferner planmäßig schriftliche Nachlässe, Ausarbeitungen, Denkschriften, Erlebnisberichte usw." von Politikern, Wirtschaftsvertretern sowie Menschen aus dem Sozial- und Kulturleben gesammelt werden - wie es im Bulletin der Bundesregierung heißt. Später werden deshalb nicht nur Gesetzestexte, Akten aus dem Bundeskanzleramt oder Oskar Schindlers Liste aufgehoben. Auch Dinge wie ein Dankesschreiben der Fußballnationalmannschaft von 1958 an Adenauer, ein Bausparkassenvertrag von Bundespräsident Theodor Heuss für sein privates Eigenheim oder die Speisekarten von internationalen Empfängen werden verwahrt. Ebenso sind bedeutende deutsche Spielfilme konservierungswürdig - weil deren Handlungen Spiegelbilder der jeweiligen gesellschaftlichen Situation darstellen.

Neubau wird 1986 eingeweiht

Seine Arbeit nimmt das Bundesarchiv am 3. Juni 1952 in Koblenz auf. Ein leer stehendes Gebäude der ehemaligen preußischen Provinzialregierung hat den Ausschlag für den Dienstort an der Mündung von Mosel und Rhein gegeben. Koblenz wird zunächst als Provisorium gesehen, die Entfernung zur Bundeshauptstadt Bonn scheint nur als Übergang hinnehmbar. Doch das ändert sich im Verlauf der Zeit.

Weil durch die Aktenrückgaben der Alliierten der Umfang der Bestände wächst, zieht das Bundesarchiv 1961 innerhalb von Koblenz in ein gemietetes Bürogebäude um. Schließlich wird 1986 in einem Neubaugebiet der Stadt ein neues und speziell eingerichtetes Dienstgebäude eingeweiht. Neben dieser Hauptstelle in Koblenz verfügt das Bundesarchiv mittlerweile über acht Nebenstellen - zum Beispiel in Berlin, Freiburg und Sankt Augustin.

Nutzung bei "berechtigtem Interesse"

Das Bundesarchiv sammelt nicht nur Material, sondern begutachtet es auch: Als 1983 das Magazin "Der Stern" behauptet, Hitlers Tagebücher gefunden zu haben, können die Experten aus Koblenz nachweisen, dass es sich bei den angeblichen Aufzeichnungen um eine Fälschung handelt. Auch bei der juristischen Aufarbeitung des Nationalsozialismus haben Archivare des Bundesarchivs mehrfach Belege vorgelegt, die zur Verurteilung von Tätern geführt haben.

Über 7.000 Professoren, Doktoranden oder Studenten haben 2011 das mit Lesesälen ausgestattete Bundesarchiv genutzt. Und nicht nur sie: Jeder, der ein weit gefasstes "berechtigtes Interesse" vorbringt, kann sich über Vergangenes informieren. Das Bundesarchiv hilft auch in ganz privaten Dingen, wenn Arbeitsbescheinigungen oder Rentennachweise fehlen. Oder wenn nach dem Namen des verschollenen Vaters gesucht werden soll.

Stand: 03.06.2012

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