Fernsehprogrammaufzeichnung "Der Internationale Frühschoppen", 1960

Stichtag

06. Januar 2007 - Vor 55 Jahren: Der "Internationale Frühschoppen" startet

1954 gehen wäschekörbeweise Protestbriefe beim Westdeutschen Rundfunk ein. Die deutschen Zuschauer sehen sich um ein Ereignis betrogen, das zum Sonntag fest dazugehört. Werner Höfer, Moderator des "Internationale Frühschoppens", hat es gewagt, die Sendung wegen Urlaubs ein paar Mal hintereinander ausfallen zu lassen. Die Nation ist schockiert, Höfer gibt nach. Von nun an wird der "Internationale Frühschoppen" weit über 30 Jahre lang ohne Unterbrechung an seinem angestammten Sendeplatz ausgestrahlt. In den Ferien fährt Höfer sonntags extra von der Nordsee ins Studio und zurück. Selbst Umweltkatastrophen können das Programm nicht stoppen. Während der Flutkatastrophe 1962 leitet er die Sendung telefonisch von Sylt aus.


Am 6. Januar 1952 geht der "Internationale Frühschoppen" zum ersten Mal auf Sendung. Sechs Journalisten aus fünf Ländern sitzen an einem wolkenförmigen Tisch im Hörfunkstudio. Ein Jahr später wechselt Höfer mit dem Konzept zum Fernsehen, um das aktuelle Weltgeschehen anhand unterschiedlicher Positionen zu erklären. Bald schon gehört der "Internationale Frühschoppen" zum deutschen Sonntagsritual. Nach dem Kirchgang um Punkt 12:00 Uhr sitzt die Familie vor dem Fernseher, das Mittagessen wird auf die Zeit danach verschoben. Im Studio darf geraucht werden, was die zumeist männlichen Journalisten auch ausgiebig tun. Alkohol wird gereicht, Moslems bekommen Apfelsaft in ihre Weingläser gefüllt. Nach den Diskussionsrunden dürfen Zuschauer per Telefon Fragen stellen. Einmal fragt ein hungriger 16-Jähriger, ob man die Sendung nicht vielleicht um eine halbe Stunde vorverlegen können. Aber der Termin bleibt bestehen.

1987 wird der "Internationale Frühschoppen" eingestellt. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" gräbt einen Artikel aus dem "12 Uhr Blatt" von 1943 aus, der aus der Feder Höfers stammt. In ihm wird die Hinrichtung des Pianisten Karlrobert Kreiten gerechtfertigt, der behauptet haben soll, dass der Krieg verloren sei und zum Untergang deutscher Kultur führen werde. In einem anschließenden Rechtfertigungsversuch bezeichnet sich Höfer als "unpolitischen Intellektuellen" und verschlimmert damit seine Position als führender politischer Kopf im deutschen Fernsehen. Der Rundfunkrat des WDR beschließt, Höfer "zur Aufgabe seiner Sendung zu bewegen". Die Fraktionen von SPD und CDU billigen die Entscheidung. Nach der 1874. Sendung wird der "Internationale Frühschoppen" durch den "Presseclub" ersetzt. Höfer stirbt 1997 in Köln.

Stand: 06.01.07