Kongos Premierminister Patrice Lumumba mit einem belgischen Minister in Leopoldville

Stichtag

17. Januar 2006 - Vor 45 Jahren: Patrice Lumumba wird ermordet

Vom einfachen Postangestellten steigt er innerhalb kürzester Zeit zum ersten Premierminister seines Landes auf: Patrice Lumumba führt den Kongo im Juni 1960 in die Unabhängigkeit.

Das afrikanische Land von der Größe Westeuropas war 1885 vom belgischen König Leopold II. zu seinem Privatbesitz erklärt worden. Zwei Jahrzehnte lang setzten Leopolds Gouverneure Geiselnahme, Vergewaltigung, Misshandlung und Mord ein, um den Bewohnern des Kongo die geforderten Quoten an Kautschuk und Elfenbein abzupressen.

Rund zehn Millionen Kongolesen starben, bevor internationale Proteste Leopold zwangen, den Kongo 1908 in eine Kolonie des belgischen Staates umzuwandeln. Doch der Beutezug geht auch danach weiter. Belgische, britische und amerikanische Unternehmen investieren, um Bodenschätze fördern zu können. Dazu gehören Kupfer, Kobalt, Diamanten, Gold, Zinn, Mangan und Zink.


Einer, der das ändern will, ist der am 2. Juli 1925 geborene, ehemalige Missionsschüler Patrice Lumumba: "Unser Ziel ist die Befreiung des Kongos vom Kolonialregime, die absolute Emanzipation des Landes. Diese Unabhängigkeit bedeutet nicht, die Belgier aus dem Kongo zu verjagen. Wir wollen eine souveräne Regierung bilden, die Hand in Hand mit den Belgiern zusammenarbeitet."

Doch Belgien hält nichts von einer solchen Zusammenarbeit: Im Oktober 1959 werden Massendemonstrationen der Unabhängigkeitsbewegung in der kongolesischen Hauptstadt Léopoldville, dem heutigen Kinshasa, blutig unterdrückt. Lumumba wird - als Mitbegründer der ersten gesamtkongolesischen Partei, des Mouvement National Congolais ( MNC) - für die Unruhen verantwortlich gemacht und zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt.

CIA und Belgien sind in Ermordung verwickelt

Als der MNC die Kommunalwahlen im Dezember 1959 gewinnt, wird Lumumba freigelassen und die Unabhängigkeit des Kongo für den 30. Juni 1960 festgesetzt. Der belgische König Baudouin erklärt bei der Unabhängigkeitsfeier in Léopoldville: "Jetzt liegt es an ihnen, meine Herren, sich unseres Vertrauens würdig zu erweisen."

Lumumba, der einen Monat zuvor zum Premierminister gewählt worden ist, hält eine wütende Stegreifrede: "Man hat uns mit Ironie behandelt. Wir haben Verachtung, Beschimpfung und Prügel erfahren, am Morgen, am Mittag und abends, denn wir waren Schwarze. Aber wir sagen Ihnen mit lauter Stimme: Damit ist jetzt Schluss!"


Lumumbas selbstbewusstes Auftreten hat Folgen: Um dem Premier die Kontrolle über die Bodenschätze zu entziehen, fördert Belgien die Abspaltung der rohstoffreichen Provinzen Katanga und Karsai. Belgische Truppen unterstützen die separatistischen Kräfte. Als Lumumba sowjetische Militärhilfe erhält, ist er für den Westen als Kommunist abgestempelt. Für Belgien und die USA ist klar: Lumumba muss verschwinden.

Die UNO schaut zu, wie er von seinem eigenen Armeechef Joseph Désiré Mobutu abgesetzt wird. Lumumbas ehemaliger Weggefährte Mobutu nutzt den Putsch, um eine fast 30-jährige, vom Westen finanzierte Diktatur aufzubauen. Da Lumumba auch nach seiner Entmachtung aus Sicht der USA eine Gefahr darstellt, gibt CIA-Chef Allen Dulles grünes Licht für dessen Ermordung - mit Zustimmung des Präsidenten Dwight D. Eisenhower.

Lumumba wird auf Drängen der USA von Mobutus Truppen verhaftet, dann gefoltert und zu seinen Erzfeinden, den Sezessionisten in Katanga geflogen. Dort wird er am 17. Januar 1961 unter Beteiligung belgischer Polizisten erschossen. Lumumbas Leiche wird in Batteriesäure aufgelöst - gestiftet von einer belgischen Minengesellschaft.

Stand: 17.01.06