BTX-Gerät (Archivbild von 1983)

Rückblick aus dem Jahr 2005: Wolfgang Back über das Internet

"Ich wünsche mir Wildwuchs und Chaos"

Stand: 28.05.2005, 13:19 Uhr

Langsam, schwierig zu bedienen und gar nicht multimedial - das waren die Anfänge des Internet. WDR-Redakteur und Computerclub-Ikone Wolfgang Back erzählt zum zehnjährigen Online-Jubiläum des WDR seine Eindrücke von der Entwicklung des Mediums.

WDR.de: Wie haben Sie die Anfänge des Internet erlebt?

Wolfgang Back: Das Internet war für mich eigentlich eine logische Entwicklung, weil wir schon ganz am Anfang elektronische Kommunikation gemacht haben. Wir vom Computerclub beim WDR hatten die erste private Mailbox in Deutschland. Das war "KOMCOM", also der Kommunikations-Computer, der drei Telefone hatte. Das war schon eine riesige Nummer, dass drei Leute gleichzeitig in einer Maschine arbeiten konnten. Da waren wir selbst erstaunt, dass das überhaupt funktionierte.

Die andere Entwicklung war ab 1983 der Bildschirmtext BTX. Dieses Medium war zunächst noch fremd und die Hardware war noch zu teuer - ein Terminal kostete 2.000 Mark. Aber es gab eine kleine Gemeinde, die langsam wuchs, unter anderem durch das Angebot vom Computerclub, den Leuten Telesoftware nach Hause zu schicken, also Programme für ihren Computer. Deshalb waren wir Branchenführer im BTX und Platz 1 bei der Auswahl der besten BTX-Programme. Deshalb war das Internet für uns nicht fremd als es dann kam.

WDR.de: Wie sahen die Anfänge des Internet beim WDR aus?

Wolfgang Back: Der Internetzugang des WDR war zunächst eine ISDN-Leitung, also 64 KBit, nach Köln-Porz zum Provider. Da griff der ganze WDR drauf zu - das waren vielleicht zehn Mann damals. Und dann haben wir geguckt, was es so gibt im Internet. Diese eine ISDN-Leitung hielt etwa zwei Jahre und es gab nur selten einen Engpass. Dann gab es zwei Leitungen und irgendwann hieß es, wir haben zwei Megabit.

WDR.de: Was war Ihrer Meinung nach die wichtigste technische Entwicklung im Internet seit 1995?

Wolfgang Back: Es kommt vieles zusammen: Das wichtigste war die Entwicklung des WWW, das diese Technik extrem vereinfacht hat. Die zweite Sache ist, dass die Computer mitgemacht haben. Es macht mit heutigen Rechnern mehr Spaß als 1995. Wichtig war auch die Entwicklung von DSL: 1990 hat man mir bei der Telekom eine sechs Kilometer lange Telefonstrippe gezeigt, an deren Ende kam ein Bild herauskam - das war DSL mit 300 KBit. Das war früher überhaupt nicht möglich über eine normale Kupferleitung. Mit den Modems fing man bei 300 Baud an.

WDR.de: Woher kommt Ihre Begeisterung für technische Dinge und Computer im Speziellen?

Wolfgang Back: Das liegt sehr weit zurück, weil meine erste Begegnung mit der Technik erfolgreich war. Ich fand als 13-Jähriger einen Volksempfänger, der keinen Empfang mehr hatte. Aber wenn man hinten auf eine Buchse gedrückt hat, bekam man eine gewischt und der Volksempfänger hat fürchterlich gebrummt. Und ich hatte einen Detektor-Empfänger mit Kopfhörer, also einen ganz einfachen Rundfunkempfänger.

Dann war meine glorreiche Idee, den Detektor mit dem Volksempfänger zu verbinden und auf einmal brüllte der Volksempfänger fürchterlich laut Musik. Seit der Zeit hatte ich absolut keinen Respekt mehr vor der Technik.

WDR.de: Und wie sind Sie dann zum Computer gekommen?

Wolfgang Back: In den siebziger Jahren hatten meine Kumpels so eine Kiste und wenn ich zu Besuch kam stand da auf dem Bildschirm "Hallo Wolfgang, wie geht es Dir?". Das habe ich nicht verstanden und gedacht: 'Da geht die Post ab und du kriegst das nicht mit.' Dann habe ich mir so ein Ding besorgt und war verschwunden und habe bis nachts um vier versucht, eine Uhr zu programmieren. Hinzu kam meine Begeisterung für den Journalismus, so dass wir voller Begeisterung begonnen haben, den Computerclub zu machen.

WDR.de: Wenn Sie Chef einer Computerteilefirma wären, welches Gerät für das Internet würden Sie entwickeln?

Wolfgang Back: Was kommen wird, ist der Remote-Betrieb über das Internet, so dass ich meinen Computer zu Hause von überall bedienen kann. Ich habe zu Hause eine Bewässerungsanlage für 30 Meter Blumenkästen gebaut und zwei Kameras installiert, die irgendwann ans Netz gehen. Irgendwann wird es einen Remote-Betrieb für alles geben. Das hat Zukunft, da würde ich mich dran beteiligen.

WDR.de: Was vermissen sie am Internet wie es heute ist?

Wolfgang Back: Vor zehn Jahren konnte man machen, was man wollte. Wenn ich daran denke, was wir da alles gemacht haben ... Es war ein Wildwuchs und es gab keine Richter und Rechtsanwälte, die etwas davon verstanden haben. Irgendwann wird es vielleicht wieder etwas geben, was heute noch keiner kennt und dann gibt es wieder Wildwuchs und Chaos. Das wünsche ich mir. Da kann man dann wieder alles ausprobieren, aber wenn es dann läuft, dann ist die Luft ein bisschen raus.

Das Interview führte Urs Zietan.

Weitere Themen