Strassenschäden und neue Autobahn. Ilustration mit Ost West Kompasss.

"Aufbau West" wird Wahlkampfthema

Der Streit um die richtige Himmelsrichtung

Stand: 20.03.2012, 15:10 Uhr

Die Initiative der Ruhrgebietsoberbürgermeister zeigt Wirkung: Politiker in Düsseldorf reagierten am Dienstag (20.03.2012) auf die Forderung, den Solidarpakt auf den Prüfstand zu stellen. Während die CDU am Pakt festhalten will, ist für die SPD erstmal "Aufbau West" dran.

Brauchen wir den Solidarpakt noch, mehr als 20 Jahre nach der Einheit? Die SPD-Oberbürgermeister von Gelsenkirchen, Oberhausen und Dortmund haben die Abgabe für den Aufbau Ost erneut in Frage gestellt. Sie nehmen die überraschende Neuwahl im Land als willkommenen Anlass, das Thema zurück auf die politische Agenda zu holen. Die Rechnung ging auf: Am Dienstag (20.03.2012) meldeten sich die Parteien in Düsseldorf zu Wort. Ihre Reaktionen zeigen: Der Solidarpakt wird bis zum 13. Mai, dem Tag der Wahl, ein Zankapfel bleiben.

Groschek: "Eklatante Benachteiligung beenden"

Michael Groschek

SPD-Generalsekretär Groschek

Michael Groschek, Generalsekretär der NRW-SPD, forderte im WDR-Fernsehen: "Jetzt ist erstmal Aufbau West dran." Der Bund müsse seine "eklatante Benachteiligung von Westdeutschland" beenden. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) appellierte an die Bundesregierung, sich zu ihrer Verantwortung für die strukturschwachen Kommunen in Westdeutschland zu bekennen. "Bis 2019 müssen aus den Förderprogrammen für Infrastruktur die Mittel in der Höhe nach NRW fließen, die der Größe des Landes entsprechen", sagte Kraft am Dienstagnachmittag in Düsseldorf. Die Äußerungen der Oberbürgermeister, die sich aktuell zu Wort gemeldet haben, hält sie für berechtigt. "Wir brauchen jetzt Unterstützung für unsere Städte und Gemeinden, die in ihrer Finanznot Schwimmbäder, Büchereien und Jugendtreffs schließen müssen und gleichzeitig Schulden aufnehmen müssen, um ihren Verpflichtungen aus dem Solidarpakt Ost nachzukommen."

Röttgen: "Probleme selber lösen"

Der Landesvorsitzende Norbert Röttgen spricht am Samstag (12.03.2011) beim Landesparteitags der nordrhein-westfälischen CDU in Siegen.

CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen

Ihr Herausforderer von Seiten der Union, Norbert Röttgen, will den Solidarpakt, der bislang bis 2019 vereinbart ist, dagegen nicht auf den Prüfstand stellen. "Verträge sind einzuhalten", sagte er am Dienstag am Rande der CDU-Fraktionssitzung. Es mache keinen Sinn, die Kommunen im Westen gegen den Aufbau Ost auszuspielen. "Wir müssen und können unsere Probleme auch selber lösen", ist sich Röttgen sicher. Eine neue Landesregierung unter seiner Führung werde das auch tun.

Grüne sehen Röttgen doppelt in Verantwortung

Sven Lehmann und Monika Düker

Monika Düker, grüne Landeschefin

Monika Düker, Landesvorsitzende der Grünen, hält im Gespräch mit WDR.de dagegen: "Die Frage des Solidarpakts ist Bundessache und kann nicht im Land geregelt werden." Bundesumweltminister Röttgen sei bei diesem Thema doppelt in der Verantwortung. Zum einen als Mitglied der Bundesregierung. Zum anderen als NRW-Wahlkämpfer. "Der Ball liegt nun bei Röttgen: Geht er in die Offensive? Ist er bereit, die strukturschwachen Kommunen zu unterstützen?", sieht Düker den NRW-CDU-Vorsitzenden in der Pflicht. In Sachen Fördermittelvergabe fordert sie "Solidarität nach Bedarf". Es dürfe nicht mehr nach Ost und West aufgeteilt werden, sondern nach Arm und Reich. "Die Himmelsrichtungen müssen raus aus dieser Debatte."

Linke fordert Millionärssteuer als Schuldenbremse

Katharina Schwabedissen, Die Linke

Katharina Schwabedissen, Die Linke

Auch Katharina Schwabedissen, Landessprecherin der Linken in NRW, will nach Bedarf verteilen. Zum Thema Kommunalfinanzen kritisiert sie gegenüber WDR.de die Landesregierung scharf: "Die Kommunen im Ruhrgebiet wurden systematisch mit einer falschen Steuerpolitik ausgeblutet. Die kommende Landesregierung, egal welche Farben sie trägt, muss entsprechend Geld in die Städte und Gemeinden stecken." Das, was Rot-Grün als "Stärkungspakt" für die Kommunen verkauft habe, sei real ein Schwächungspakt. Um die Kommunen zu entlasten hält sie eine Steuerumverteilung für notwendig: "Unsere Schuldenbremse heißt Millionärssteuer."

FDP bleibt zurückhaltend

Bei der FDP hielt man sich am Dienstag mit konkreten Vorschlägen noch zurück: "Wir nehmen das Problem ernst, und es kann nicht so bleiben, dass das Geld nach Himmelsrichtungen vergeben wird", sagte Christian Lindner, Spitzenkandidat der Liberalen. Es gebe allerdings keine leichten Lösungen. Bund und Länder müssten das gemeinsam diskutieren. "Die FDP ist gesprächsbereit."