Ein Jahr Abwahl von OB Sauerland
Keine Feierstimmung in Duisburg
Stand: 12.02.2013, 06:00 Uhr
Am 12. Februar 2012 wurde Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) durch einen Bürgerentscheid seines Amtes enthoben. Ein Jahr später sind die Rebellen von einst enttäuscht. Auf den politischen Neuanfang warte man in der Stadt immer noch, so die ernüchternde Bilanz.
Von Andreas Poulakos
Es ist ruhiger geworden, das Leben von Theo Steegmann. Als Sprecher der Bürgerinitiative "Neuanfang für Duisburg" war der 56-Jährige vor einem Jahr der Mann, auf den sich alle Kameras richteten. Sein Gesicht symbolisierte den erfolgreichen Widerstand der Duisburger Bürger gegen ihren Oberbürgermeister, der durch seinen ungeschickten Umgang mit der Loveparade-Katastrophe ihr Vertrauen verloren hatte. "Der Wahlabend war ein großer Moment", sagt Steegmann heute, "aber die großen Hoffnungen auf einen politischen Neuanfang haben sich nicht erfüllt." Das Abwahlbündnis gegen OB Sauerland sei damals mit dem Versprechen angetreten, sich auf einen gemeinsamen, parteiübergreifenden Kandidaten für das Oberbürgermeisteramt zu einigen. "Einige haben das offenbar nicht ehrlich gemeint. Insbesondere die SPD, die um jeden Preis ihren Kandidaten durchbringen wollte."
Staatsanwaltschaft ermittelt noch
Die Planungen für eine Gedenkstätte laufen
Trotz aller Kritik sieht Steegmann die Arbeit des neuen Duisburger OB Sören Link nicht nur negativ: "Wir haben endlich einen würdigen Umgang mit der Loveparade-Katastrophe." Das zeige sich in den fortgeschrittenen Planungen für die Gedenkstätte am Unglücksort und der besseren Einbindung der Angehörigen und Opferinitiativen. Gleichzeitig sei man aber bei der zentralen Frage um die Schuld und Verantwortung der Stadt keinen Schritt weitergekommen. Nach wie vor ermittle die Staatsanwaltschaft gegen elf Mitarbeiter der Stadt. "Die meisten davon wie zum Beispiel Rechtsdezernent Wolfgang Rabe sitzen fest auf ihren alten Positionen, die sie auch schon vor der Loveparade innehatten. Obwohl die Veranstaltung so niemals hätte genehmigt werden dürfen."
Sören Link: "Duisburg ist reifer geworden"
Sören Link sieht positive Signale
"Meine Rolle wird oft falsch verstanden", sagt dagegen Oberbürgermeister Sören Link. "Ich bin weder der oberste Aufklärer, noch der Staatsanwalt, noch das Gericht." Bis tatsächlich Anklage gegen einen Mitarbeiter der Stadt erhoben werde, gelte die Unschuldsvermutung. "Wie wir mit möglicherweise Beschuldigten umgehen werden, werden wir erst entscheiden, wenn es soweit ist." Wann die Stadt Konsequenzen ziehen will, schon nach einer Anklage oder erst nach einem Urteil, lässt der OB offen. Insgesamt zieht Link eine positive Bilanz der Zeit nach dem Abwahlverfahren. "Duisburg ist mit Sicherheit reifer geworden." Das bürgerschaftliche Engagement habe sich deutlich verstärkt, was sich zum Beispiel in der angeregten Diskussion und dem hohen Mitsprachebedürfnis bei der Haushaltsplanung gezeigt habe. Eine allgemeine Politikverdrossenheit, die sich bei der OB-Stichwahl an einer Wahlbeteiligung von nur rund 25 Prozent gezeigt hatte, gebe es in Duisburg nicht mehr.
Distanzierung von Sauerland steht aus
Adolf Sauerland
Dagegen ist Steegmann von der Entwicklung in der Stadt nicht überzeugt. Im Gespräch mit den Bürgern habe er immer wieder die Erfahrung gemacht, wie tief der Frust über die Verhältnisse mittlerweile sitze. "All die Pöstchenschieberei in so vielen Jahrzehnten SPD-Regierung zeigen jetzt Wirkung." Hinzu komme, dass es derzeit in Duisburg keine ernsthafte politische Alternative zur SPD gebe: "Die örtliche CDU hat es immer noch nicht geschafft, die Loveparade aufzuarbeiten", sagt Steegmann. Sauerland habe sich zwar aus der aktiven Politik zurückgezogen. "Aber er geht zu den Parteitagen und wird dort wie ein Held gefeiert."
Er selbst und andere Mitglieder von "Neuanfang für Duisburg" hätten in den vergangenen Monaten eine längere Frustphase durchmachen müssen. Das Versprechen, in der Duisburger Politik weiter eine Rolle zu spielen, würden sie aber bald einlösen. "Am liebsten würden wir ein paar junge Leute für die drängenden politischen Fragen der Stadt mobilisieren. Mal sehen, was wir nochmal auf die Beine stellen."