Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk

Ministerpräsident "steht für ein weltoffenes Polen"

"Überzeugter Europäer"

Stand: 13.05.2010, 12:50 Uhr

Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk hat am Donnerstag (13.05.2010) in Aachen den Internationalen Karlspreis erhalten. Tusk sei ein "überzeugter und überzeugender Europäer", der sich als "Schrittmacher" für die europäische Integration einsetze, sagte Bundeskanzlerin Merkel in der Laudatio.

Der 53-jährige Politiker hat den Preis unter anderem für seinen Einsatz bei der Zustimmung zum EU-Vertrag von Lissabon sowie für sein Bekenntnis zu den nachbarschaftlichen Beziehungen Polens in Europa erhalten. Das Karlspreis-Direktorium begründete seine Entscheidung damit, dass Tusk ein "herausragender Streiter für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte" sei. Besonders als ehemaliges Mitglied der Solidarnosc-Bewegung habe er in den 1980er Jahren gemeinsam mit seinen Gewerkschaftskollegen den Grundstein für die Wiedervereinigung Europas gelegt. Heute stehe Tusk für ein "demokratisches und weltoffenes Polen".

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte den Polen einen "Schrittmacher" für die europäische Integration. Tusk sei ein "überzeugter und überzeugender Europäer", der auf ein "klares Bekenntnis zur Toleranz und Vielfalt" sowie das Prinzip "Kooperation statt Konfrontation" setze.

Tusk: Krise ist Chance für Europa

Tusk erinnerte an seinen Geburtsort Danzig - eine Stadt, in der Polen und Deutsche lange gemeinsam gelebt hatten und die durch den "Wahnsinn" der Nazis und Kommunisten zerstört wurde. Durch ihre Geschichte habe die Stadt eine Schlüsselbedeutung für Europa. Die Proteste auf der Leninwerft in Danzig hätten zum Ende des Kommunismus in Europa beigetragen. Den Karlspreis widmete Tusk der Gewerkschaft Solidarnosc und den Opfern des Flugzeugabsturzes von Smolensk, bei dem am 10. April Polens Präsident Lech Kaczynski und zahlreiche weitere hochrangige Persönlichkeiten getötet wurden.

Die Euro-Krise erklärte der polnische Ministerpräsident zur "Chance für Europa". "Die Stunde Europas schlägt jetzt", betonte Tusk. Europa müsse diese "Bewährungsprobe" bestehen. Bundeskanzlerin Merkel sprach von der "größten Bewährungsprobe" der EU seit dem Zusammenbruch des Kommunismus. Wenn es nicht gelinge, diese Krise zu meistern und der Euro scheitere, hätte dies "unabsehbare Folgen" für Europa. "Scheitert der Euro, dann scheitert mehr. Dann scheitert die Idee der europäischen Einigung", warnte Merkel. Sie zeigte sich zuversichtlich, dass die "heutige Währungskrise" überstanden werden könne.

Ehemaliges Solidarnosc-Mitglied

Tusk ist Vorsitzender der als gemäßigt konservativ geltenden Platforma Obywatelska (Bürgerplattform). Der gebürtige Danziger schloss sich 1980 während des Arbeiterstreiks der Solidarnosc-Bewegung an. Nach dem Abschluss des Studiums der Geschichte arbeitete er als Redakteur und Autor. Im November 2007 errang Tusk mit seiner Partei 41,5 Prozent der Stimmen und wurde in einer Koalition mit der Polnischen Volkspartei Regierungschef. Er folgte auf Jaroslaw Kaczynski.

Kein Bad in der Menge

Im Vergleich zu den Vorjahren hat die Preisverleihung in einem etwas kleinerem Rahmen stattgefunden. So wurde bei Tusk bewusst auf das "Bad in der Menge" und den Meinungsaustausch mit Aachener Studenten verzichten - aus Respekt vor den Opfern des Flugzeugunglücks von Smolensk, bei dem am 10. April 2010 der polnische Staatspräsident Lech Kaczynski und seine Ehefrau sowie zahlreiche Angehörige der politischen Elite Polens getötet wurden.

Berühmte Preisträger von Churchill bis Merkel

Der Aachener Karlspreis zählt zu den bedeutendsten europäischen Auszeichnungen. Seit 1950 wird er jährlich an Persönlichkeiten oder Institutionen verliehen, die sich um Europa und die europäische Einigung verdient gemacht haben. Namensgeber für den Preis ist Karl der Große, der als erster Einiger Europas gilt und der Ende des achten Jahrhunderts Aachen zu seiner Lieblingspfalz wählte.

Preisträger waren unter anderem Konrad Adenauer (1954), Winston Churchill (1955), Václav Havel (1991), Bill Clinton (2000) - und der Euro (2002). Tusk ist nach dem ehemaligen Außenminister Bronislaw Geremek (1998) sowie Papst Johannes Paul II. (2004) der dritte Pole, der den Karlspreis erhält. Bundeskanzlerin Angela Merkel, Karlspreisträgerin von 2008, wird in Aachen die Laudatio auf Donald Tusk halten.

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