Streit um Kölner Opfer beim NSU-Prozess

Verteidigung will Nebenklägerin ausschließen

Stand: 05.02.2015, 19:01 Uhr

Im NSU-Prozess eskaliert der Streit zwischen den Verteidigern von Beate Zschäpe und Teilen der Nebenklage. Zschäpes Anwälte verlangten am Donnerstag (05.02.2015), eine Nebenklägerin aus der Kölner Keupstraße sowie deren Anwalt von dem Verfahren auszuschließen. 

Sind tatsächlich alle Nebenkläger im NSU-Prozess auch im juristischen Sinne Opfer der rechtsextremen Terrorgruppe? Die Verteidiger von Beate Zschäpe bezweifeln das - und fordern eine Entscheidung des Gerichts. Konkreter Anlass dafür war am Donnerstag eine Auseinandersetzung um eine Anwohnerin der Keupstraße, die sich zum Zeitpunkt der Explosion der Nagelbombe im Juni 2004, in einem hinteren Zimmer ihrer Wohnung aufgehalten hatte. Zu den 22 teils Schwerverletzten gehört sie nicht. Allerdings leidet sie nach Aussage ihrer Therapeuten an schweren seelischen Störungen und hat kurze Zeit nach dem Anschlag ein Baby drei Wochen zu früh zur Welt gebracht.

Bereits am vergangenen Donnerstag (29.01.2015) wurde ein psychologischer Gutachter der Nebenklägerin befragt, ob deren Panikattacken und Depressionen tatsächlich von der Explosion herrühren oder ob diese schon vorher da waren. Die, so hatte der Psychologe berichtet, könnten auch auf Kindheitserlebnisse zurückgehen. Daraufhin hatte Zschäpes Verteidigung die Meinung geäussert, die Frau habe bereits vor dem Anschlag psychische Probleme gehabt, und kündigten eine Erklärung an.

Attacke mit scharfen Worten

An diesem Donnerstag verlangten die Verteidiger der Hauptangeklagten nun, diese Anwohnerin und deren Anwalt Alexander Hoffmann vom Prozess auszuschließen. Dabei attackierten sie Hoffmann mit scharfen Worten und warfen ihm "impertinente und geschmacklose Unterstellungen" vor.

Hoffmann wiederum hatte den Zschäpe-Verteidigern in der vergangenen Woche vorgeworfen, "den Prozess gegen die Nebenklage zu drehen" und seine Mandantin der Lüge zu bezichtigen. An diesem Donnerstag reagierte der Anwalt auf den Antrag der Zschäpe-Verteidiger mit dem Vorwurf, sie wollten einen "unbequemen Vertreter rausschießen" und die Opfer des Kölner Nagelbombenanschlags "runtermachen".

Hartnäckige Nebenkläger-Gruppe

In ihrem Antrag argumentierten die Verteidiger, die Nebenklägerin sei nicht "Verletzte" eines versuchten Mordes und einer gefährlichen Körperverletzung. Folglich bestehe kein Recht zur Nebenklage. Die "Voraussetzungen für eine fortgesetzte Hinzuziehung eines Rechtsanwalts" lägen nicht vor.

Dass Zschäpes Verteidiger sich ausgerechnet Rechtsanwalt Hoffmann und dessen Mandantin vornahmen, dürfte kein Zufall gewesen sein. Hoffmann gehört zu den Wortführern einer Nebenkläger-Gruppe, die hartnäckig versucht, das Umfeld und die Hintergründe des NSU offenzulegen. Viele der teils wortkargen Zeugen der letzten Monate, die über Hintermänner und Strukturen aussagen sollten, waren auf Antrag dieser Nebenkläger-Gruppe geladen worden. Darüber ärgerte sich die Verteidigung immer wieder, denn viele dieser Vernehmungen kosteten viel Zeit.

Ein Nebenkläger schied freiwillig aus

Fast untergegangen wäre angesichts des Streits zwischen Zschäpe-Verteidigung und Anwalt Hoffmann, dass am Donnerstag ein anderer Nebenkläger freiwillig aus dem Prozess ausschied. Bei ihm handelt es sich um einen Mann, dessen Anwalt in einem Schriftsatz behauptete, er sei "im Bereich" der explodierten Kölner Bombe gewesen. Tatsächlich sagte der Mann vor Gericht aus, dass er gar nicht vor Ort war.

Derselbe Anwalt hatte außerdem zwei andere Anwohner der Keupstraße als Nebenkläger für den Prozess angemeldet, obwohl die das nach ihrer Aussage gar nicht wollten. In den Reihen der Nebenkläger sorgt vor allem dieser Vorfall für Verdruss. Manche fürchten, dass sich schwarze Schafe unter ihnen befinden könnten, die den Ruf der NSU-Opfer und deren Anwälte insgesamt beschädigen könnten.