Private Busunternehmen klagen gegen das Land NRW 

Tariftreue- und Vergabegesetz sind verfassungswidrig

Stand: 27.08.2015, 18:52 Uhr

Die Vorschriften des NRW Tariftreue- und Vergabegesetzes verstoßen nach Auffassung des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts gegen die Tarifautonomie und die Koalitionsfreiheit und sind daher verfassungswidrig.

Von Martin Höke

Die sechste Kammer des Verwaltungsgerichts hat heute ein laufendes Verfahren zwischen dem Verband der nordrhein-westfälischen Omnibusunternehmer (NWO) und dem Land NRW ausgesetzt und zur Klärung an den Landesverfassungsgerichtshof in Münster verwiesen. Anlass des Rechtsstreits ist eine Klage der privaten Busunternehmen gegen das Land NRW. Dabei geht es um die Bezahlung ihrer Busfahrer, die im Auftrag der kommunalen Verkehrsbetriebe auf deren Linien fahren.

Das Land hatte vor zwei Jahren angeordnet, dass im öffentlichen Nahverkehr nur noch ein Tarifvertrag gelten soll und zwar der von verdi ausgehandelte besser dotierte kommunale Tarifvertrag.

Darin sah der in Langenfeld ansässige Verband der nordrhein-westfälischen Omnibusunternehmer (NWO) einen grundrechtswidrigen Eingriff in die Tarifautonomie und hatte geklagt. Zu Recht, meinte heute der Richter. Jetzt muss das Landesverfassungsgericht den Fall klären.

Alles bleibt erstmal beim Alten

Ein Busfahrer hinter dem Steuer

Unterschiedlicher Lohn für gleiche Arbeit

Bis dahin bleibt alles wie es ist. Die Fahrer der kommunalen Verkehrsbetriebe werden weiterhin nach dem Tarifvertrag Nahverkehr (TV-N) bezahlt, ihre privaten Kollegen nach dem Tarifvertrag für das private Omnibusgewerbe (TV-NWO). Die Lohn-Unterschiede sind für den Richter zu gering, um einen Eingriff des Gesetzgebers in die Tarifautonomie zu rechtfertigen. Auch, so der Richter, weil die privaten Omnibusfirmen ihren Fahrern als Einstiegsgehalt 12,56 Euro pro Stunde zahlten. „Das sind nur 62 Cent weniger als den Beschäftigten der kommunalen Verkehrsbetriebe gezahlt wird und liegt weit über dem Mindestlohn von 8,85 Euro.“

Juristische Klatsche für NRW-Arbeitsminister

Der heutige Beschluss ist eine herbe Schlappe für NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider. Der Sozialdemokrat hatte wiederholt betont, nicht nach verkehrspolitischen, sondern nach sozialen Gesichtspunkten entschieden zu haben. Sein Hauptargument: das Tariftreuegesetz sichere ein Stück Gerechtigkeit für die Beschäftigten und solle Lohn- und Sozialdumping bei der Vergabe von Aufträgen im öffentlichen Nahverkehr unterbinden.

Heute teilte Schneider mit, dass er seine Entscheidung, nur einen Tarifvertrag anzuwenden, weiterhin für richtig halte. Der nun anstehenden Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtshofs sehe er deshalb "sehr gelassen entgegen".

Das Problem: die Vertreter des Landes waren in der heutigen Verhandlung auf Nachfrage des Richters nicht in der Lage, konkrete Fälle aufzeigen zu können. Das wäre ohnehin ausgeschlossen, betont Volker Wenke vom Verband der öffentlichen deutschen Verkehrsunternehmen. „Die privaten Busfirmen sind vertraglich gehalten, den Fahrern, die im Auftrag kommunaler Verkehrsbetriebe unterwegs sind, den Tariflohn zu zahlen.“

Der liege um bis 15 Prozent unter dem Lohnniveau der kommunalen Fahrer und sei bei der Vergabe der Bus-Aufträge ein entscheidender Faktor, räumt Wenke ein. 

Denn, der gleiche Lohn für gleiche Arbeit im öffentlichen Nahverkehr hätte verheerende Folgen, warnt der Städtetag in Köln. Den Kommunen drohten jährliche Mehrkosten von bis zu 40 Millionen Euro. 

Die Zeche zahlen die Bürger und Fahrgäste

Viele Alternativen blieben da nicht, heißt es beim Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) in Wuppertal. Die Kommunen müssten die zusätzlichen Kosten entweder aus Haushaltsmitteln decken – wenn sie überhaupt können, das Steckenangebot ausdünnen oder auf die Ticketpreise umlegen.

Die Düsseldorfer Rheinbahn, bei der 40 Prozent aller Strecken von  privaten Busfirmen bedient werden, fürchtet um ihr erfolgreiches Geschäftsmodell. Bisher kann das Verkehrsunternehmen zu 85 Prozent kostendeckend arbeiten. Sollten auch die in ihrem Auftrag fahrenden privaten Busfahrer wie die Rheinbahner bezahlt werden, würde das pro Jahr Mehrkosten von vier Millionen Euro bedeuten, rechnet Sprecher Georg Schumacher vor.

Danach sieht es derzeit nicht aus. Sollte das Landesverfassungsgericht den Düsseldorfer Verwaltungsrichtern folgen, müsste das Land das Tariftreue- und Vergabegesetz überarbeiten.