Jean-Claude Duvalier

Stichtag

7. Februar 1986 - Jean-Claude Duvalier flüchtet aus Haiti

Haiti, Anfang 1971: Seit 14 Jahren regiert Landarzt François Duvalier das Land mit Hilfe seiner paramilitärischen Geheimpolizei "Tonton Macoutes" - Todesschwadrone, die auf Befehl jeden politischen Gegner ermorden. Wegen seines Berufes nennen ihn die Haitianer "Papa Doc". Er war durch die Bekämpfung der Pocken bei den Armen populär und 1957 durch reguläre Wahlen zum Präsidenten geworden. Duvalier entwickelte sich dann zum Alleinherrscher, dessen Terrorregime bis 1971 mindestens 30.000 Menschen zum Opfer fielen. Nun liegt "Papa Doc" im Sterben. Nachfolger soll "Baby Doc", sein 19-jähriger Sohn Jean-Claude, werden. Im Dezember 1970 hatte der Kongress auf Veranlassung von Duvalier senior das Mindestalter für Staatsoberhäupter auf 18 Jahre herabgesetzt.

Playboy mit Privatkonten in der Schweiz

Diktator François Duvalier stirbt am 21. April 1971. Einen Tag später wird sein Sohn der jüngste Staatschef der Welt und ebenfalls Präsident auf Lebenszeit. Duvalier junior lanciert den Begriff "Jean-Claudisme" und behauptet, während sein Vater die politische Revolution vollbracht habe, setze er nun die soziale Revolution um. Aber eigentlich hat der Teenager gar keine Lust zu regieren, sondern genießt sein Leben als Playboy. "Er fuhr lieber mit dem Motorrad rum oder amüsierte sich auf seiner Motorjacht oder feierte rauschende Feste im Präsidentenpalast", sagt Schriftsteller und Haiti-Experte Hans Christoph Buch. Jean-Claude Duvalier gilt als träge und nur mäßig begabt. 1980 heiratet er Michèle Bennett, eine Angehörige der Oberschicht Haitis.

Die Duvaliers betrachten Haiti als Privateigentum. Die First-Lady fährt zur Shopping-Tour nach Paris und gibt dort 1,7 Millionen US-Dollar aus. Dringend benötigte Hilfsgelder für die arme Bevölkerung landen auf Privatkonten in der Schweiz. Jean-Claude Duvalier und seine Frau, sagt der ehemalige Finanzminister Marc Louis Bazin, haben vor allem eines im Sinn: "Geld, Geld, Geld." Auch unter "Baby Doc" werden Kritiker festgenommen und ermordet. Das Regime kommt durch Geschäfte ins Gerede, bei denen Blutplasma und gefrorene Leichen exportiert werden.

Massenproteste nach Papst-Besuch

Um sein Image aufzubessern, lädt Jean-Claude Duvalier den Papst ein. Doch das läuft nicht wie beabsichtigt: Papst Johannes Paul II. fordert 1983 in einer Rede in Port-au-Prince vor Hunderttausenden, es müsse sich etwas ändern in Haiti. Danach trauen sich immer mehr Menschen, die Regierung offen zu kritisieren. Anfang 1986 ist das Regime am Ende. Kirchliche Radiosender prangern die Machenschaften der Duvaliers an. Es kommt zu Massenprotesten im ganzen Land. "Baby Doc" und seine Frau Michèle fliehen in den Morgenstunden des 7. Februar 1986 an Bord eines US-Militärflugzeuges nach Frankreich, wo er fortan im Exil lebt.

Mitte Januar 2011 kehrt Jean-Claude Duvalier erstmals wieder nach Haiti zurück. Angeblich will er dem von Erdbeben und Cholera gebeutelten Land helfen. Die haitianischen Behörden jedoch setzen ihn fest. Die Justiz leitet ein Ermittlungsverfahren wegen Korruption und Veruntreuung ein. Ein Teil der Haitianer verlangt zudem, dass sich Duvalier wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht verantworten müsse. Auch unter seiner Herrschaft soll die Geheimpolizei "Tonton Macoutes" bis zu 30.000 Regierungskritiker entführt, gefoltert und ermordet haben.

Stand: 07.02.2011

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