Stichtag

2. April 1974 - Eröffnung des Dortmunder Westfalenstadions

Zappenduster sieht es aus für den Fußball in Dortmund - damals zu Beginn der 70er Jahre. Der ruhmreiche BVB 09, im Jahr 1966 noch erster deutscher Europapokalsieger, kickt inzwischen hoch verschuldet in der Regionalliga, und seine marode Kampfbahn Rote Erde bröckelt der Einsturzgefahr entgegen. Ein neues Stadion aber kann sich die stahlkrisengeplagte, fast bankrotte Stadt nicht leisten. 

Die Rettung kommt indirekt aus Köln: Weil die Kölner ihre Bewerbung für die Fußball-Weltmeisterschaft 1974 zurücknehmen, erhält Dortmund den Zuschlag als Ersatz-Austragungsort und damit beträchtliche Fördermittel für ein neues, WM-taugliches Stadion.

Ganz dicht dran am Ball

In nur drei Jahren Bauzeit entsteht direkt neben der alten Kampfbahn das 54.000 Zuschauer fassende Westfalenstadion. Komplett aus Fertigbausegmenten errichtet, kostet es nur 32,7 Millionen Mark. Zum Vergleich: Allein der Umbau des Düsseldorfer Rheinstadions kostet über 42 Millionen Mark. Trotzdem sparen Deutschlands Fußballexperten bei der Eröffnung am 2. April 1974 nicht mit überschwänglichem Lob. Für Bundestrainer Helmut Schön wird das Westfalenstadion "auf der ganzen Welt nur vom Aztekenstadion in Mexiko übertroffen." Kölns Mittelfeldstar Wolfgang Overath meint neidisch: "Die Anlage hat nur einen Nachteil: Sie befindet sich nicht in Köln."

Eine Leichtathletik-Laufbahn ist dem Spardiktat zum Opfer gefallen – zur großen Begeisterung des Fußballfans. So ist auf den vier überdachten Tribünen des Westfalenstadions kein Platz weiter als 40 Meter vom Rasen entfernt, und die Ränge reichen – ein Novum für deutsche Stadien – bis zum Spielfeldrand. "Die Atmosphäre hat den Verein natürlich beflügelt und die Leute angelockt. Es war ganz plötzlich ein ganz anderes Fußballgefühl da", erinnert sich der Dortmunder Journalist Frank Fligge. Vom neuen Ballgefühl profitiert auch der Kassenwart der Borussia, denn die Zuschauerzahlen des BVB schießen im neuen Stadion schlagartig in die Höhe.

Vier Ausbaustufen seit 1992

Die Ehre des ersten Treffers im Westfalenstadion geht allerdings an eine Fußballerin. Denn es sind die Frauen des TBV Mengede 08 und des VfB Waltrop, die am 2. April nach groß angekündigtem "musikalischen Unterhaltungsprogramm" mit Harmonika-Ensemble, Polizeimusikkorps und einem Trupp holländischer Meisjes, zum Premierenspiel antreten. Um 18.18 Uhr versenkt Elisabeth "Elli" Podschwadtke, anderen Chronisten zufolge Margret Schäferhoff, den Ball für Mengede im Netz. So oder so: immerhin eine Dortmunderin. Dann dürfen die Hausherren vom BVB ran, ausgerechnet gegen Schalke 04, das auch noch 3:0 gewinnt.

Bei der WM im Sommer 1974 finden vier Partien im Westfalenstadion statt, das sich beim 2:0-Sieg der Niederlande über Brasilien in einen Hexenkessel verwandelt. Sportjournalisten aus aller Welt schwärmen danach von einer "Fußball-Oper", von einem "deutschen Wembley-Stadion". Ab 1992 wird das Westfalenstadion in vier Stufen auf heute 80.500 Plätze ausgebaut. Von der 1974 eingeweihten Fertigsystem-Arena bleibt dabei so gut wie nichts mehr übrig, nicht einmal der Name. Seit Dezember 2005 spielt Borussia Dortmund sponsorengerecht im "Signal Iduna Park".  

Stand: 02.04.2014

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