Stichtag

27. Dezember 1901 – Marlene Dietrich wird geboren

1929 macht ein Filmsternchen namens Marlene Dietrich in den Babelsberger Filmstudios der Ufa Probeaufnahmen als Lola für den Film "Der blaue Engel". Hollywood-Regisseur Joseph von Sternberg gegenüber behauptet sie, kein Talent zu haben und die Rolle nicht annehmen zu wollen, aber auf Probeaufnahmen besteht sie trotzdem.

Sternberg steckt die etwas pummelige Kandidatin in einen Glitzerfummel, lässt sie aufs Klavier steigen, schnoddrig herummeckern und ihren heruntergerutschten Strumpf richten. Danach weiß er, dass er seine Lola gefunden hat.

Gegen den Willen der Ufa-Chefs besteht Sternberg auf Dietrich; "Der blaue Engel" wird ein Welterfolg. Dietrich wird deshalb später behaupten, dass Sternberg sie aus dem Nichts geschaffen habe, obwohl sie damals bereits mit zahlreichen Filmen Erfolge gefeiert hat: Teil eines sorgsam selbstgemachten Mythos, der zum Weltstar-Image beiträgt.

Die deutsche Greta Garbo

Geboren wird Marie Magdalene Dietrich am 27. Dezember 1901 als zweites Kind eines Polizeileutnants in Schöneberg bei Berlin. Der Vater stirbt früh, der zweite Mann ihrer Mutter fällt im Ersten Weltkrieg. Die Mutter erzieht die Kinder mit preußischer Strenge: Pflichtgefühl, Selbstbeherrschung und eiserne Disziplin sind Tugenden, die Dietrich später bei der akribischen Planung ihrer Karriere nützlich sein werden.

Tatsächlich will Dietrich zunächst Konzertmusikerin werden. Nach einer Sehnenentzündung entscheidet sie sich für die Schauspielerei. 1922 verhilft ihr ihr späterer Ehemann, der Produktionsassistent Rudolf Sieder, zu Komparsenrollen. Vor ihrer Begegnung mit Sternberg spielt sie bereits in zahlreichen Stummfilmen mit und wird von Kritikern mit Greta Garbo verglichen.

Singen für die "Boys"

Am Abend der Uraufführung von "Der blaue Engel" verlässt Dietrich ihren Mann und die gemeinsame Tochter und besteigt mit 25 Schrankkoffern ein Schiff nach New York, wo sie der verliebte Sternberg schon erwartet. In ihrer ersten Hollywood-Produktion "Morocco" (1930) küsst sie als androgyn-verruchte Nachtclub-Sängerin Amy Jolly eine Frau auf den Mund, um sich dann Gary Cooper zuzuwenden. Auch privat wird sie fortan zahlreichen Frauen und Männern den Kopf verdrehen: Neben Cooper gehören Maurice Chevalier, Erich Maria Remarque, James Steward, Jean Gabin oder John Wayne zu ihren Liebhabern.

Mit einer ausgeklügelten Lichtregie und fantastischen Kostümen macht Sternberg die Dietrich in Filmen wie "Shanghai Express" (1932) oder "Blonde Venus" zum erotisch-entrückten Zauberwesen, dann trennen sich ihre beruflichen wie privaten Wege: Dietrich hat genug von ihm gelernt. Die Nationalsozialisten versuchen, die Diva zurückzuholen, aber die nimmt lieber die amerikanische Staatsbürgerschaft an und singt vor US-Soldaten. In Deutschland wird sie deshalb nach dem Zweiten Weltkrieg als Vaterlandsverräterin beschimpft.

Da hat Dietrich längst eine zweite Karriere gestartet und feiert als Sängerin auf internationalen Tourneen Triumphe – ein Stress, den sie nur mit Tabletten und Alkohol meint bewältigen zu können. Die letzten knapp 17 Jahre ihres Lebens verbringt sie weitgehend zurückgezogen und am Ende körperlich verfallen in ihrer Pariser Wohnung; nicht einmal engste Freunde wie Hildegard Knef lässt sie noch vor. Dietrich stirbt 1992 in Paris.

Stand: 27.12.2011

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