Im Januar 1962 bleibt ganz Deutschland zu Hause. Rund 20 Millionen Menschen sitzen vor dem Fernseher. "Kein Mensch war mehr auf der Straße, nur noch ein paar entlaufene Hunde und Katzen", erinnert sich der damals 27-jährige Norbert Blüm. "Und jeder fieberte mit: Wer war der Mörder?". Der Mörder ist der Schauspieler Dieter Borsche. Er gehört zum Personal der TV-Serie "Das Halstuch" nach einem Buch von Francis Durbridge. Entlarvt wird er allerdings zunächst nicht von Durbridges Kriminalinspektor Harry Yates (Heinz Drache). Verraten wird er vom Kabarettisten Wolfgang Neuss, per Zeitungsannonce vor der letzten "Halstuch"-Folge. Die Fernsehnation hat ihren ersten TV-Skandal.
Durbridge wird 1912 in Hull (Yorkshire) geboren. Mit 19 Jahren beginnt er, Krimis zu schreiben. Ein Studium des Altenglischen und der Volkswirtschaft hat er da schon abgebrochen, den Job als Börsenmakler aufgegeben. 1938 feiert Durbridge mit der Hörspielreihe "Paul Temple" seinen ersten Erfolg in der BBC; elf Jahre später läuft sie auch in Deutschland. Durbridges Markenzeichen wird der subtile Horror, in dem die Welt der Dinge eine mörderische Rolle spielt: Mal kommt ein geheimnisvolles Päckchen an, in dem ein Hut und der Zettel eines Toten liegt, mal spielt ein Halstuch bei der Aufklärung des Mordes eine zentrale Rolle.
Die Krimis spielen in der Welt der Reichen: unter Ärzten, Maklern und Rechtsanwälten, in feinen Landhäusern und mit höflichem Personal. So schreibt der Autor über jenes Milieu, in das er durch seine erfolgreichen Bücher selbst gelangt. Am Ende hat er ein Stadthaus in London sowie einen Landsitz mit gepflegtem Garten und einem Jaguar in der Garage. Francis Durbridge stirbt am 11. April 1998 mit 85 Jahren nach langer Krankheit in London. Doch woher kannte Wolfgang Neuss den Mörder im "Halstuch"? Von seiner Mutter, die ihm verrät: "Der Masseur, der mich massiert, massiert auch die Frau von Dieter Borsche. Und der hat mir das gleich gesagt."
Stand: 11.04.08