24. Januar 2012 - Schauspieler und Regisseur Vadim Glowna stirbt

Stand: 24.01.2017, 00:00 Uhr

In seinen Augen sei immer November, hat ein Kritiker Vadim Glownas melancholische Ausstrahlung beschrieben. Mit seinem Charakterkopf, der gebrochenen Nase und heiseren Stimme ist Glowna über vier Jahrzehnte einer der markantesten deutschen Schauspieler.

Menschen mit Geheimnissen, verstörte Underdogs und zwielichtige Typen sind Glownas Metier. In rund 160 Kino- und Fernsehfilmen verkörpert er sie, ohne Klischees zu bemühen; er kennt das Innenleben seine Charaktere. "Auf der dunklen Seite war er groß", lobt die Süddeutsche Zeitung.

Schlüsselkind im Reeperbahn-Milieu

Als Schauspieler wolle er Geschichten erzählen, sagt Glowna. So überzeugend er vor der Kamera emotionale Randzonen ausleuchtet, so eindringlich beschreibt der 1941 in Eutin geborene Glowna auch das eigene bewegte Leben. Als Dreikäsehoch kommt er nach der Scheidung der Eltern mit seiner Mutter nach Hamburg, wo er sich als Schlüsselkind rund um die Reeperbahn durchschlägt.

Von klein auf mit dem Milieu vertraut ("Deutschlands berühmteste Hure Domenica kannte ich schon sehr, sehr jung"), versucht sich Glowna in vielen Gelegenheitsjobs. Einige Monate lebt er in Paris unter Clochards, klaut und prellt in feinen Restaurants die Zeche. 1962 ist er Komparse am Schauspielhaus Hamburg und zur richtigen Zeit am richtigen Ort: Gustaf Gründgens gibt ihm vom Fleck weg eine Rolle in einem Weihnachtsmärchen.

Regie-Debüt in Cannes ausgezeichnet

Vom Bremer Intendanten Kurt Hübner gefördert, spielt Vadim Glowna bald unter der Regie von Claus Peymann und Peter Zadek.

1977 engagiert ihn US-Regisseur Sam Peckinpah für den Kriegsfilm "Steiner - Das Eiserne Kreuz". Beeindruckt von Glownas Ideen, ermuntert ihn die Hollywood-Legende, sich selbst auf den Regiestuhl zu wagen. Vier Jahre später schreibt, inszeniert und produziert Vadim Glowna seinen Debüt-Film "Desperado City".

Das düstere Hamburg-Drama gewinnt in Cannes die Caméra d'Or und etabliert Glowna als Film- und Fernsehregisseur, der fast immer nach eigenen Drehbüchern arbeitet. Etliche banale Nebenrollen in TV-Krimis oder Literaturverfilmungen übernimmt Glowna nur, um mit den Gagen eigene Geschichten finanzieren zu können.

Abschied vom Publikum mit "Bloch"

Einige seiner besten Darstellerleistungen liefert Glowna in französischen Kinoproduktionen, wo er an der Seite von Romy Schneider, Simone Signoret und Yves Montand auftritt. Seine kehlige Stimme mit dem traurigen Timbre macht ihn auch zum gefragten Sprecher von Hörspielen und Hörbüchern.

2006 verfilmt Glowna den Roman "Das Haus der schlafenden Schönen" des japanischen Literaturnobelpreisträgers Yasunari Kawabata - mit sich selbst in der Hauptrolle. Die morbide Geschichte über Sexphantasien und Todessehnsüchte geht in deutschen Kinos unter; in New York läuft sie fast ein halbes Jahr.

In seiner letzter großen Rolle spielt Glowna neben Dieter Pfaff in der Serie "Bloch" einen Mann, der vom Blues der Vergangenheit eingeholt wird. Die Ausstrahlung erlebt er nicht mehr. Am 24. Januar 2012 stirbt Vadim Glowna mit 70 Jahren an den Folgen einer Diabetes-Erkrankung.

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