Wladimir Bechterew, Porträt

1. Februar 1857 - Geburtstag des russischen Neurologen Wladimir Bechterew

Stand: 01.02.2017, 00:00 Uhr

War es Mord? Oder Zufall? Kurz nachdem der berühmte Neurologe und Psychiater Wladimir Bechterew bei Josef Stalin eine schwere Paranoia diagnostiziert, stirbt Bechterew an einer Vergiftung.

Geboren wird Wladimir Bechterew am 1. Februar 1857 im Dorf Sorali im nordöstlichen europäischen Teil Russlands. Schon als Schulkind verschlingt er die naturwissenschaftlichen Bücher der Stadtbibliothek. Mit noch nicht einmal 17 Jahren wird er zum Medizinstudium an der Militärmedizinischen Akademie in Sankt Petersburg zugelassen und erhält bereits mit 24 Jahren den Doktortitel.

Bechterew will ganzheitlich arbeiten

"Er hat früh eine Nervenkrankheit bekommen, heute würde man Burn-out sagen", erklärt die Medizinhistorikerin Regine Pfrepper, die mehrere Bücher über Bechterew geschrieben hat. Vier Wochen wird er in einer neurologischen Klinik behandelt.

Die eigene Erfahrung als Patient prägt Bechterew fürs Leben. "Er will fortan nicht nur die Leber kurieren, oder einen Bruch heilen, sondern ganzheitlich arbeiten", erklärt Regine Pfrepper. In Sankt Petersburg publiziert Bechterew, lehrt, forscht und heilt. Vor allem das Gehirn und die angeborenen und erlernten Reflexe interessieren ihn. Ein Zeitgenosse sagt: "Nur zwei Personen kennen sich bestens aus in der Anatomie des Gehirns: Das sind Gott und Bechterew."

Unsterblich mit einem Irrtum

Er verfasst über tausendfünfhundert Publikationen, Ergebnisse seiner Tierversuche und seiner Experimente mit Patienten. Er forscht über Hypnose, Halluzinationen, Errötungsangst, Masturbation, Epilepsie, Reptilienbesessenheit oder zwanghafte Eifersucht.

Aber es ist ein Leiden der Wirbelsäule, das seinen Namen in der Medizingeschichte unsterblich macht: Morbus Bechterew. Die Symptome führt er irrtümlich auf ein Nervenleiden zurück. Heute gilt Morbus Bechterew als rheumatische Erkrankung.

Eine riskante Diagnose

Im Dezember 1927 fährt Bechterew zum ersten Allrussischen Kongress der Neuropathologen und Psychiater – und wird von Josef Stalin zur Konsultation in den Moskauer Kreml gerufen, vermutlich wegen einer Nervenstörung in der linken Hand.

Und Bechterew diagnostiziert eine schwere Paranoia – Verfolgungswahn. Kurze Zeit nach dem Besuch bei Stalin geht er in Moskau ins Theater und zu einem Essen. "Schon auf der Nachhausefahrt im Taxi wird ihm schlecht", sagt Pfrepper. In der Nacht bleibt sein Herz stehen.

Wurde Bechterew vergiftet?

Viele glauben, der 70-jährige Bechterew sei vergiftet worden. Eindeutige Beweise gibt es nicht, denn eine Obduktion findet nicht statt. Seine Familie wird weiter verfolgt: Einige Jahre später wird Bechterews Sohn Pjotr zum Tode verurteilt. "Und seine zweite Frau Bertha Jakowlewna wird 1937 verhaftet und nach vier Wochen erschossen. Ein Neffe kommt ins Lager. Und die Enkelin Natalja ins Kinderheim", fasst die Medizinhistorikerin Regine Pfrepper zusammen. Erst nach Stalins Tod wird Bechterew rehabilitiert.

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 1. Februar 2017 ebenfalls an Wladimir Bechterew. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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