Stichtag

26. April 1925 - Älteste noch erhaltene Moschee Deutschlands eröffnet

Sie wirkt wie eine Miniaturausgabe des indischen Taj Mahal: Die älteste noch erhaltene Moschee Deutschlands steht in Berlin, unweit des verkehrsreichen Fehrbelliner Platzes in einer ruhigen Villengegend des Stadtteils Wilmersdorf. Flankiert wird das am 26. April 1925 eröffnete Kuppelgebäude von zwei Minaretten, die je 32 Meter hoch sind. "Wir waren es, die die Moschee erbaut haben", sagt der aus Pakistan stammende Iman Amir Aziz im März 2015 dem WDR. Sein Großvater sei an den Arbeiten beteiligt gewesen. "Als kurz vor der Fertigstellung das Geld ausging, haben alle Frauen ihren Schmuck gespendet, auch meine Großmutter."

Aziz ist Generalsekretär der Ahmadiyya-Lahore, einer wenig bekannten islamischen Gemeinschaft. "Die Ahmadiyya ist im 19. Jahrhundert in Britisch-Indien entstanden", sagt Thomas Lemmen, Geschäftsführer der Christlich-Islamischen Gesellschaft mit Sitz in Köln. "Der Gründer war ein Gelehrter namens Mirza Ghulam Ahmad." Dieser habe sich als Erneuerer des Islam verstanden. Nach dessen Tod 1908 habe sich die Ahmadiyya in zwei Gruppen gespalten. "Die eine - nach dem Ort Lahore benannt - sieht in dem Gründer einen beispielhaften Reformer", so der Islamwissenschaftler und katholische Theologe Lemmen. "Die andere Gruppe - nach der Stadt Qadian benannt - sieht in ihm einen, ja schon quasi Propheten."

Erste deutsche Moschee im "Halbmondlager"

Die Lahore-Gruppe kommt 1920 nach Berlin. Kurz zuvor hat Kaiser Wilhelm II. während des Ersten Weltkrieges aus Holz die erste Moschee Deutschlands errichten lassen - für rund 15.000 muslimische Kriegsgefangene aus britischen und französischen Truppen. Die letztlich gescheiterte Absicht dahinter: Durch gute Behandlung sollen die Gefangenen im Wünsdorfer "Halbmondlager" so beeinflusst werden, dass sie gegen Deutschlands Feinde kämpfen. Da die Holzkonstruktion nach Kriegsende jedoch bald baufällig ist, wird die Moschee abgerissen.

Als Ersatz baut die Berliner Ahmadiyya-Gemeinde nach Plänen des Berliner Architekten K.A. Hermann die Moschee in Wilmersdorf. Anfang der 1920er Jahre leben rund 2.000 Muslime in der Hauptstadt. Darunter sind ehemalige Kriegsgefangene, Mitglieder des osmanisch-türkischen Diplomaten-Korps und Studenten aus Persien, der Türkei, Ägypten und Nordafrika. 1930 gründen die Lahore-Gruppe und deutsche Muslime zusammen die Deutsch-Muslimische Gesellschaft, die sich dem Dialog der Religionen verpflichtet. Die Wilmersdorfer Moschee wird zum Mittelpunkt islamischen Lebens. Dort finden Veranstaltungen statt, an denen neben Islamwissenschaftlern auch jüdische Gelehrte teilnehmen.

Imame für Wehrmacht und SS

Als die Nazis die Macht übernehmen, steht die Berliner Moschee zunächst unter Beobachtung. "Sie war insbesondere in den Jahren 1933/34 Unterschlupf und Absteigequartier für Kurfürstendamm-Juden", so die Einschätzung der NSDAP-Reichsleitung 1937. Doch im April 1939 heißt es in einem Gestapo-Papier: "Zunächst werden Bedenken in staatspolizeilicher Hinsicht gegen diese Vereinigung nicht erhoben."

Ziel der Nazis ist es nun, die Muslime für ihre Zwecke zu instrumentalisieren: Muslimische Wehrmachts- und SS-Divisionen werden eingerichtet. An der Universität Göttingen bildet der Orientalist Bertold Spuler Imame für Wehrmacht und SS aus. Ab 1941 residiert sogar der Großmufti von Jerusalem als Gast von Adolf Hitler in Berlin. Mithilfe des "Führers" will er die Gründung eines jüdischen Staates in Palästina verhindern. Die Moschee der Ahmadiyya in Wilmersdorf ist zu dieser Zeit allerdings verwaist. Als britische Staatsbürger haben deren Anhänger Deutschland bei Kriegsbeginn verlassen. 1945 kehren sie zurück und setzen ihre Gemeindearbeit bis heute fort.

Stand: 26.04.2015

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