Als Alemannia Aachen am letzten Freitag zum Auswärtsspiel bei der Zweitvertretung des 1. FC Köln antrat, war es wie eigentlich immer: Die Fans der Alemannia hatten die Partie mal wieder zu einer Art Heimpartie umgeformt. Rund 2.500 gelb-schwarze Anhänger bevölkerten das kleine Franz-Kremer-Stadion in Köln-Müngersdorf - Alemannia war tonangebend.
Seit zwölf Spielen ungeschlagen
Dass die Partie letztlich mit 2:0 auch sportlich an die Alemannia ging, passte zum Trend. Aachen ist seit zwölf Ligaspielen ungeschlagen - noch acht Spiele - dann ist Alemannia Aachen zurück in der Dritten Liga - so ordnen die Fans der "Kartoffelkäfer" die Lage in der Regionalliga West gerade ein. Die fehlende Zurückhaltung ist dabei gut begründet: Alemannia hat aktuell als Tabellenführer acht Zähler Vorsprung auf den Tabellenzweiten FC Bocholt.
Fortuna Köln als Dritter hat neun Zähler Rückstand. Und das nächste Liga-Match bestreitet die Alemannia daheim eben gegen jene Fortuna. Am 30. März, dem Ostersamstag. Dann könnte der nächste Schritt getan werden - auf einem Weg, auf dem sich die Alemannen schon fast am Ziel wähnen.
Trainerwechsel nach schwachem Saisonstart
Diese ganze Entwicklung kommt nicht wirklich überraschend. Alemannia galt schon vor der Saison angesichts zahlreicher Verstärkungen als Aufsteigsaspirant Nummer eins in der Regionalliga. Allerdings legte das Team dann nach starker Vorbereitung einen regelrecht katastrophalen Saisonstart hin, der kaum zu verstehen war.
Auch der junge Trainer Helge Hohl stand vor einem Rätsel - sein namhaftes Team lieferte einfach nicht. Nach nur einem Sieg aus den ersten vier Spielen musste Hohl nach einer verheerenden Leistung bei Rot-Weiß Oberhausen (1:4), wo die Alemannia vorgeführt und mit 0:4 in die Pause geschickt wurde, gehen.
Heiner Backhaus - Volltreffer aus dem Ruhrgebiet
Es kam mit Heiner Backhaus ein Nachfolger, den die Alemannia beim BFC Dynamo Berlin loseiste. Für Backhaus ein willkommener Weg, denn der Coach wollte als gebürtiger Wittener sehr gern in die Nähe seiner Heimat zurückkehren.
Heimattreue, obwohl sich der Mittelfeldspieler während seiner Karriere als aktiver Fußballer als Wandervogel einen Namen gemacht hatte. Er, der zwischenzeitlich bei Borussia Mönchengladbach, Hannover 96 oder Arminia Bielefeld unter Vertrag gestanden hatte, spielte für unter anderem für Klubs aus Zypern, Malta und Hongkong. Mit dem FC La Valletta wurde er sogar mal maltesischer Meister.
"Schönste Zeit meines Lebens"
Und jetzt also Alemannia Aachen. Wo man den bodenständigen Coach mittlerweile als Kultfigur feiert. Der 42-jährige Backhaus, angehender Fußballlehrer, ist nicht nur sportlich erfolgreich mit der Mannschaft, sondern genießt auch bei den Alemannia-Fans einen großartigen Stand.
Backhaus scheint in der Kaiserstadt sein Trainer-Glück gefunden zu haben. Nach einem emotionalen 4:3-Sieg beim Wuppertaler SV sagte er jüngst: "Wenn ich morgens in den Tivoli fahre, erfüllt es mich mit Respekt und Stolz, dass so ein Riesen-Stadion, mit so einer Stadt, von mir nach außen getragen werden darf. Für mich ist es als Trainer die schönste Zeit in meinem Leben."
Im Pokal gegen Düren
Auch im Mittelrheinpokal verläuft bis dato alles nach Plan. Am kommenden Wochenende empfängt Aachen den 1. FC Düren zum Halbfinale. Man rechnet mit über 20.000 Fans im Stadion am Tivoli - durchaus normale Zuschauerzahlen bei der Alemannia. Zu Hause, im neuen Tivoli, kommt man derzeit auf einen Schnitt zwischen 16.000 und 17.000 Zuschauern. Auswärts sind es durchschnittlich rund 1.500 Fans, die die "Kartoffelkäfer" auf ihren Trips durch NRW begleiten.
Der Traum vom "Double" lebt - Meisterschaft und Pokalsieg. "Jetzt haben wir dieses Halbfinale gegen Düren, da wollen wir vor unseren Fans das Ding selbstverständlich nach Hause holen", erklärt Lukas Scepanik. Man könne die "Saison vergolden" glaubt der Offensivmann der Alemannia.
"Fans legen das Feuer"
Das Halbfinale im Pokal wird eines der ersten Endspiele der Saison sein. "Bei Alemannia Aachen ist jedes Spiel ein Endspiel und das ist geil. Deswegen sind auch alle hier, weil das was du erlebst ist im Erfolgsfall absolute Weltklasse und im Misserfolg eben Kreisklasse. Daher ist es so genial als Trainer. Du musst das Feuer gar nicht selber legen, sondern das machen die Fans", erklärte Heiner Backhaus in dieser Woche gegenüber "Reviersport".
Backhaus findet: "Ich genieße das, was hier passiert - für mich als auch für den Verein. Das ist eine tolle Zeit und das hat der Verein mehr als verdient."