Die Zentrale von Eon-Ruhrgas in Essen, rote Fahnen mit Firmenlogo wehen vor einem hohen Gebäude mit beleuchteten Fenster vor dunkelblaumen Himmel

31. Januar 2003 - Die Eon-Ruhrgas-Fusion ist besiegelt

Es ist ein Wirtschaftskrimi um eine milliardenschwere Fusion. Stadtwerke, Kartellamt, Gerichte - sie alle haben Bedenken. Am Ende entscheiden die Politik und eine außergerichtliche Einigung.

Wie konnte die deutsche Abhängigkeit vom russischen Gas so groß werden? Das fragten viele nach dem Ausbruch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24.02.2022. Eine Antwort führt in den großen Plenarsaal des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Hier wird am 31. Januar 2003 ein Wirtschaftskrimi entschieden, der seit über einem Jahr die Energiebranche, Stadtwerke, Kommunen, das Kartellamt, die Bundesregierung und Gerichte beschäftigt.

Ruhrgas und Eon dürfen fusionieren (31.1.2003)

WDR ZeitZeichen 31.01.2023 14:55 Min. Verfügbar bis 31.01.2033 WDR 5


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Gemischtwarenladen will das Spezialgeschäft

Der Startschuss für den Milliardendeal fällt im November 2001: Beim Bundeskartellamt beantragt Eon die Übernahme einer Mehrheit an der Ruhrgas AG. Eon selbst war erst anderthalb Jahre zuvor aus einer Fusion von Veba und Viag entstanden. Der junge Konzern ist ein Gemischtwarenladen. Mit dem Spezialgeschäft Ruhrgas AG, dem damals größten deutschen Gasversorgungskonzern, will Eon zur Größe im Energiesektor werden. Ruhrgas hat sich schon zu Zeiten der Sowjetunion ins schwierige Geschäft mit russischem Gas gewagt, hat sogar Aktien des russischen Staatskonzerns Gazprom.

Kartellamt schreitet ein

Das Bundeskartellamt verbietet die Fusion, die Marktmacht eines Eon-Ruhrgas-Konzerns sei zu groß. Doch das Kartellamt kann mit einer "Ministererlaubnis" überstimmt werden. Sie wird von Eon beantragt. Weil der zuständige Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) als befangen gilt - er war im Vorstand des Eon-Vorläufers Veba - erlaubt Staatssekretär Alfred Tacke (SPD) die Fusion, wenn auch unter Auflagen. Tacke, ein enger politischer Weggefährte von Bundeskanzler Schröder (SPD), wird 2004 Vorstandsvorsitzender des Stromversorgers Steag, an dem auch Eon beteiligt ist.

Showdown im Gerichtssaal

Das Kartellamt klagt gegen die Ministererlaubnis, Tacke bessert mit weiteren Auflagen nach. Doch neun Kläger, darunter Stadtwerke und das finnische Unternehmen Fortum, ziehen vor Gericht. Sie fürchten, dass Eon die Gaspreise diktieren kann. Mit Ablauf des 31. Januar 2003 droht eine Frist zu verstreichen, die die Fusion platzen lassen kann. Unter Hochdruck verhandelt Eon mit den Klägern, bietet Vergünstigungen und Beteiligungen an. Am längsten zieren sich die Finnen. Doch am Vormittag des 31. Januar lenkt auch Fortum ein, das OLG verkündet, das Verfahren werde eingestellt wegen einer außergerichtlicher Einigung. Die Fusion ist besiegelt.

Autor des Hörfunkbeitrags: Kay Bandermann
Redaktion: David Rother

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 31. Januar 2023 an die Fusion von Eon und Ruhrgas. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

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