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Buchcover: "Hotel Milano" von Tim Parks

Lesefrüchte

"Hotel Milano" von Tim Parks

Stand: 15.09.2023, 11:50 Uhr

Der Londoner Frank Marriot war einst ein gefeierter Journalist. Lange hat er für das Magazin seines Freundes Dan kulturkritische Aufsätze geschrieben. Dann kam es zum Bruch. Als Frank im März 2020 von Dans Tod erfährt, fliegt er widerwillig zur Beerdigung nach Mailand und landet im Lockdown.

Der 76-jährige Frank ist wild entschlossen, es sich nach Dans Beisetzung für zwei Tage richtig gut gehen zu lassen. Er mietet sich im Luxushotel "Milano" ein. Frank, der seit Jahren keine Zeitungen mehr liest, keine Nachrichten hört, erfährt im Hotel von der Pandemie.

Wegen der Ausgangssperre wird die Nobelherberge zu einem Gefängnis. Er will so schnell wie möglich nach London zurück. Nicht aus Angst, sich anzustecken, sondern weil ihn die leergefegte Stadt langweilt. Doch er bekommt keinen Flug.

In seinem Luxusgefängnis entdeckt Frank eine arabische Familie, die sich unter erbärmlichsten Bedingungen auf dem Dachboden versteckt – ohne Geld, der Mann bereits infiziert. Soll er seine Entdeckung melden? Oder soll er der Familie helfen?

Die Pandemie dient Tim Parks nur als Hintergrundfolie für die letzten großen Fragen, die er in seinen Romanen immer wieder stellt: Was macht ein gutes Leben aus? Liebe? Verantwortung? Hilfsbereitschaft? Ein großartiger Roman über die letzten Fragen, deren Antworten durch eine Katastrophe ganz anders ausfallen.

Eine Rezension von Andrea Lieblang

Literaturangaben:
Tim Parks: Hotel Milano
Aus dem Englischen von Ulrike Becker
Verlag Antje Kunstmann, 2023
240 Seiten, 24 Euro