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Buchcover: "Die Heldin von Auschwitz" von Barbara Beuys

Lesefrüchte

"Die Heldin von Auschwitz" von Barbara Beuys

Stand: 04.01.2024, 16:21 Uhr

Erinnerungskultur: Eine Biografie zeigt, wie die belgische Jüdin Mala Zimetbaum unter den widrigsten Bedingungen im Frauenlager Auschwitz-Birkenau Widerstand leistete.

"Die Frauen von Birkenau" lautete vor einiger Zeit der Titel der viel beachteten Erinnerungen der Seweryna Szmaglewska, die als politische Gefangene das Frauenlager in Auschwitz überlebte. Mit "Die Heldin von Auschwitz" widmet sich die Historikerin Barbara Beuys einer weiteren Gefangenen des Vernichtungslagers.

Der belgischen Jüdin Mala Zimetbaum gelang es als "Funktionshäftling", Leben zu retten und Widerstand zu leisten. 1918 im polnischen Brzesko geboren, zieht Mala mit ihrer Familie im Alter von 10 Jahren ins weltoffene Antwerpen, wo sie in die städtische Schule geht und sich später in der zionistischen Jugendbewegung engagiert.

Als die systematische Judenverfolgung auch in Belgien einsetzt, wird Mala verhaftet und in die Dossin-Kaserne in Mechelen gebracht, von wo aus die "Arbeitseinsätze" der belgischen Juden organisiert werden. Als Schreibkraft kann sie zunächst ihre Neffen vor der Deportation bewahren, schließlich wird sie aber selbst mit dem zehnten Transport aus Mechelen im September 1942 nach Ausschwitz deportiert.

Aufgrund ihrer herausragenden Sprachkenntnisse erhält sie im Frauenlager Birkenau die Position eines "Funktionshäftlings". Da das Wachpersonal ihr vertraut, kann sie die Position nutzen, um Frauen vor Selektionen zu warnen, Nahrungsmittel zuzustecken oder Mut zuzusprechen.

Zwischenzeitlich gelingt ihr die Flucht, einige Tage ist sie auf freiem Fuß, bis sie wieder verhaftet wird. Sie hatte der Welt mitteilen wollen, was in Auschwitz passiert. Als die Lagerkommandantin ihr Todesurteil verkündet, schneidet sich Mala Zimetbaum die Pulsadern auf.

Barbara Beuys hat die Schauplätze des Lebens der Mala Zimetbaum aufgesucht sowie Dokumente und Zeugenaussagen zusammengetragen. Durch Ausflüge in die Geschichte des Chassidismus oder der Stadt Antwerpen lässt die Autorin die jüdischen Lebenswelten Europas vor dem Holocaust wieder lebendig werden.

Akribisch zeichnet Beuys nach, wie der zunehmende antisemitische Diskurs im industriellen Massenmord gipfelte. Wer sich viel mit dem Holocaust beschäftigt hat, wird einige historische Paraphrasen als bekannt empfinden.

Für gegenwärtige Generationen kann die Biografie auch als Einstieg in die Geschichte der Shoa gelesen werden. Vor allem aber setzt Barbara Beuys Mala Zimetbaum ein Denkmal. Einer mutigen Frau, der die Zukunft gehört hätte und die bis zuletzt Widerstand geleistet hat.

Eine Rezension von Mareike Ilsemann

Literaturangaben:
Barbara Beuys: Die Heldin von Auschwitz. Leben und Widerstand der Mala Zimetbaum
Insel Verlag 2023
333 Seiten, 26 Euro