Lesefrüchte

"Der letzte Traum" von Pedro Almodóvar

Stand: 05.04.2024, 14:39 Uhr

Oscar-Preisträger Pedro Almodóvar hat das Kino beeinflusst wie nur wenige spanische Regisseure. Schräg und frech wie seine Filme kommen auch einige seiner Storys daher. In anderen erzählt er ungewohnt zurückhaltend von sich selbst. Typisch Almodóvar: Die katholische Kirche kommt immer schlecht weg.

Eigentlich wollte der inzwischen 74-jährige Almodóvar Schriftsteller werden, und er hat mit "Patty Diphusa" auch 1997 bereits einen schrillen Roman über einen internationalen Pornostar veröffentlicht, der von der deutschen Kritik allerdings nicht sonderlich gut aufgenommen wurde. Viele seiner Drehbücher entstanden aus eigenen Kurzgeschichten, die jetzt in seinem Erzählband "Der letzte Traum" erschienen sind.

Vor dem geistigen Auge erscheint unwillkürlich Almodóvars Lieblingsschauspielerin Penelope Cruz, wenn in "Der Besuch" eine extravagant gekleidete junge Dame durch eine spanische Kleinstadt spaziert und selbstbewusst an der Klosterschule klopft. Sie wolle mit dem Direktor über ihren verstorbenen Bruder sprechen. Der sei früher dessen Schüler gewesen, erklärt sie dem erstaunten Mönch an der Pforte.

Wie üblich bei dem legendären Regisseur, ist nichts wie es scheint. Nicht nur einer der Mönche der Klosterschule entpuppt sich als übler Geselle. Und dann fließt Blut. Viele der zwölf Geschichten des Erzählbandes "Der letzte Traum" gehen mit der katholischen Kirche hart ins Gericht, meist macht der Oscarpreisträger sie lächerlich. Es geht ihm vor allem darum, ihre Bigotterie vorzuführen. Almodóvar verarbeitet damit Kindheitserfahrungen.

Aus "Der Besuch" entstand 2004 der Film "Schlechte Erziehung" und Almodóvar-Fans werden auch in weiteren Storys seine Filme durchschimmern sehen. Oft stehen Homosexuelle, Transvestiten oder starke Frauen im Mittelpunkt. Ohne Tabus, frech bis schräg und sehr originell, erzählt Almodóvar etwa vom Tod als Beginn des Lebens.

Wer gern Persönliches liest, findet in vier Erzählungen einige Momentaufnahmen aus seinem Leben. Sie sorgen für Kontrast in dem Band, denn darin kommt ein sehr zurückhaltender Pedro Almodóvar zum Vorschein.

Eine Rezension von Eva Karnofsky

Literaturangaben:
Pedro Almodóvar: Der letzte Traum. Zwölf Erzählungen
Aus dem Spanischen von Angelica Ammar
S. Fischer Verlag, 2024
224 Seiten, 24 Euro