Karl Lippegaus

Karl Lippegaus

Mit 17 Jahren machte ich meine erste Radiosendung für die SWF-Jazzredaktion von Joachim Ernst Berendt in Baden-Baden. Meine Gedanken kreisten um das revolutionäre Miles Davis-Album "Bitches Brew" und seine vielen kreativen Ableger. Jazz-Rock lautete damals das neue Zauberwort.

Für das Musikmagazin ‚Sounds‘ konnte ich Musiker aus Bands treffen, die heute das Pantheon des Rock bevölkern: King Crimson, Pink Floyd, Genesis, Soft Machine, Gentle Giant, Can … Während des Studiums in Bonn und Köln (Germanistik, Philosophie, Musikwissenschaft) entdeckte ich meine Liebe zu London und New York, suchte nach Verbindungen von Kino, Jazz und Literatur.

Anfangs zufällig zog es mich immer häufiger nach Frankreich, wo improvisierte Musik entstand, die zur interessantesten in Europa gehört. Dem unsichtbaren Radioland, das Sam Shepard in seinen „Motel Chronicles“ beschreibt, gehört seit jeher meine Leidenschaft. "Rock-Café", "Speakeasy", "Soundcheck", "Radiophon" und "Border Music" hießen meine Abenteuerspielplätze. Als mir die Rapper von IAM und Massilia Sound System die alte Hafenstadt Marseille zeigten, gab’s anschließend für das WDR 3-Feature den Deutsch-Französischen Journalistenpreis.

Neben der Arbeit fürs Radio schreibe ich für Printmedien über Jazz sowie einen Blog für NRW Jazznet. Hin und wieder entstehen auch Bücher; das erste war "Die Stille im Kopf", eine Art Radio-Tagebuch eines DJs; es folgten "Diary of Jazz" sowie die Mitarbeit an "Horizons Touched – The Story of ECM Records". Ende 2011 hatte ich nach vierjährigen Recherchen eine Biographie über John Coltrane fertig; die positive Resonanz darauf übertraf alle meine Erwartungen. Als Jazzkritiker mochte ich mich nie sehen, sondern eher als Jazzvermittler, der seine Passion mit anderen teilen möchte.

Da war die unverhoffte Einladung von WDR 4, ab 2011 einmal wöchentlich eine Stunde lang Jazzplatten in Swing easy! aufzulegen, hoch willkommen. Der Jazz, die klassische Musik Amerikas im 20. Jahrhundert, ist heute wie ein riesiger, mehr als hundertjähriger Baum, mit unzähligen Verästelungen in alle Himmelsrichtungen. Was Ellington und Basie, Billie Holiday und Lester Young einst erfanden, beflügelt heute Musiker in aller Welt und hat nichts von seiner Faszinationskraft eingebüßt. Wie sagte Thelonious Monk: "Ich habe keine Definition von Jazz. Man muss ihn einfach erkennen, wenn man ihn hört."