Verpackungsmüll: Wie Bund und Städte dagegen vorgehen

Stand: 03.07.2023, 21:09 Uhr

Jedes Wochenende versinken Städte im Partymüll durch Einwegverpackungen. Das Berliner Umweltministerium plant neue Regeln. Wie wirksam sind die?

Schon früh in der Nacht sind in vielen Großstädten die öffentlichen Mülleimer kaum noch zu erkennen. Sie reichen nicht aus, um die Flut an Pizzakartons, Kaffeebechern, Döner-Tüten und Plastikgeschirr aufzunehmen.

In Düsseldorf will man dieses Problem mit zusätzlichen Mülltonnen angehen, zum Beispiel in Parks, allerdings nicht in der Altstadt. "Natürlich will die Tonnen keiner vor dem Laden stehen haben", sagt Altstadtwirt Daniel Vollmer. Stattdessen hat die Stadt Mülldetektive eingesetzt, die illegale Müllentsorgung aufspüren sollen.

Verschärftes Verpackungsgesetz: "Feigenblatt-Lösung"

WDR 5 Morgenecho - Interview 03.07.2023 07:48 Min. Verfügbar bis 02.07.2024 WDR 5


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Verpackungssteuer als Lösung?

Außerdem wird die Pflicht für Gastronomiebetriebe ab einer bestimmten Größe kontrolliert, für Essen und Getränke zum Mitnehmen eine Mehrwegoption bereitzuhalten. "Das kontrollieren wir, und dann stellt sich natürlich irgendwann die Frage, wie die Akzeptanz der Mehrweg-Produkte erhöht werden kann", sagt Düsseldorfs Umweltdezernent Jochen Kral. Denn die ist offensichtlich noch nicht sehr hoch.

Die Baden-Württembergische Stadt Tübingen hat 2022 eine Verpackungssteuer beschlossen. 50 Cent muss für jede Einwegverpackung gezahlt werden. "Das schauen wir uns an und das wird auch sicher noch eine Zeit dauern", so Kral. "Langfristig ist es uns wichtig, kein Geld darüber einzunehmen, sondern den öffentlichen Raum sauber zu bekommen."

Umweltministerin Lemke will Mehrweg-Vorgaben ausweiten

Auch auf Bundesebene wird das Problem mit dem Verpackungsmüll angegangen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) plant eine deutliche Ausweitung der Vorgaben für mehr Mehrwegverpackungen in der Gastronomie und im Handel. Supermärkte etwa sollen künftig pro Getränkesorte mindestens ein Produkt mit Mehrwegverpackung anbieten müssen, wie aus einem Eckpunktepapier des Ministeriums hervorgeht. Außerdem soll die Angebotspflicht für Mehrweg bei Speisen und Getränken zum Mitnehmen verschärft werden.

Verpackungssteuer: "Impuls für Mehrwegsysteme"

WDR 5 Morgenecho - Interview 03.07.2023 08:26 Min. Verfügbar bis 02.07.2024 WDR 5


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"Seit Jahren steigt der Verpackungsmüll in Deutschland, belastet die Umwelt und nervt die meisten Verbraucher", erklärte Lemke zu ihrem Vorstoß. Dieser schaffe Wahlfreiheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher und bringe konkrete Erleichterungen, etwa durch die erweiterte Pflicht zur Pfandrücknahme.

Die Vorgabe einer Mehrweg-Alternative soll dem Ministerium zufolge für die Kategorien Wasser, Bier, alkoholfreie Getränke, Saft und Milch gelten. Geschäfte mit mehr als 200 Quadratmetern Verkaufsfläche müssten dann mindestens ein Produkt der jeweiligen Segmente in einer Mehrwegflasche anbieten.

Umwelthilfe kritisiert Lemkes Pläne

Zu wenig, meint Thomas Fischer, Leiter Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe. "Es gibt eine Zielquote von 70 Prozent Mehrweg. Das Problem ist: Es hält sich keiner dran", sagte Fischer am Montag dem WDR. Ohne quantitative Vorgaben würden die neuen Pläne von Umweltministerin Lemke "nicht zu einem Wandel von Einweg zu Mehrweg führen". Es könnten sich Händler wie Aldi oder Lidl "einfach irgendwo eine Palette mit Mehrweg hinstellen". Damit würden die eigentlichen Vorgaben aber nicht erfüllt.

Wichtig sei, einen finanziellen Anreiz für Verbraucherinnen und Verbraucher zu geben, Mehrweg zu nutzen. "Das gilt für die Einwegbecher und die Essensboxen genauso wie für die Mehrweg-Getränkeflaschen", so Fischer. Die negativen Auswirkungen von Einwegverpackungen müssten im Produktpreis sichtbar werden. "Und deshalb fordern wir, so wie das regional in Tübingen schon gemacht wird, mit einer Einwegverpackungssteuer, das fordern wir auf Bundesebene, damit die Leute eben finanziellen Anreiz haben von Einweg auf Mehrweg zu wechseln." Diese ist in den Plänen des Umweltministeriums aber nicht vorgesehen.

Gummersbach will Tübingen folgen

Die Idee mit der Verpackungssteuer ist nicht neu. In den 90er Jahren hatten einige Städte in NRW schon mal eine eingeführt, Düsseldorf hatte es geplant. Doch das Bundesverfassungsgericht kippte die Beschlüsse nach ein paar Jahren. Ende Mai hatte das Bundesverwaltungsgericht am Beispiel Tübingen allerdings entschieden, dass kommunale Einwegsteuern für to-go-Verpackungen rechtmäßig sind.

Diese Vorlage will nun Gummersbach aufnehmen und ebenfalls eine Verpackungssteuer einführen. "Müll ist leider hier ein Top-Thema" sagte Gummersbachs Bürgermeister Frank Helmenstein dem WDR. Er habe bereits viel Zuspruch für die geplante Verpackungssteuer erhalten. Diese soll nun zum Anfang des kommenden Jahres kommen.

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