Warum zu wenige Flutopfer Spendengelder von "Deutschland hilft" beantragen

Stand: 24.06.2022, 12:30 Uhr

Die Hilfsbereitschaft nach der Flut war groß, zum Beispiel an die "Aktion Deutschland hilft". Doch die Spenden werden offenbar nicht abgerufen.

Von Anette Flentge

Vor der Tür der Familie Kraus in Swisttal-Odendorf steht ein altes kaputtes Sofa – ein Opfer der Flut. Es soll als Mahnmal dort stehen bleiben. Mehr ist von den Möbeln in ihrem Erdgeschoß nicht übrig geblieben. Der Boden musste raus. Auch die Küche war hinüber. 1,70 Meter stand dort das Wasser hoch. "Heute können wir darüber lachen", sagt Yvonne Kraus. "Die Hauptsache ist doch: Wir haben überlebt und sind zusammen. Wir schaffen das schon."

Hilfe anzunehmen war erstmal nicht immer leicht

Die neuen Vorhänge sind eine Spende. Fußboden, Möbel und neue Küche mussten sie anschaffen. Vom Bund haben sie die Soforthilfe und Wiederaufbaugeld bekommen. Aber für die Hälfte des Schadens hat die Familie einen Kredit von 25.000 Euro aufgenommen. "Zu fragen bei den Institutionen, ist schon schwierig. Aber ansonsten sind wir über jede Hilfe froh gewesen."

Die Hälfte der Spendengelder wurde noch nicht abgerufen

Manuela Roßbach von der Aktion Deutschland Hilft

Manuela Roßbach, Aktion Deutschland Hilft e.V.

Die "Aktion Deutschland hilft" hat 280 Millionen Euro an Spenden bekommen. Die sollen verteilt werden, an Flutgeschädigte, die noch dringend Hilfe brauchen. Bislang seien davon aber nur 50 Prozent abgerufen worden, sagt Manuele Roßbach, Vorständin bei "Aktion Deutschland hilft". Sie glaubt, dass es daran liegen könnte, dass viele einfach noch zu beschäftigt sind mit dem Wiederaufbau und sich noch nicht um Zuschüsse kümmern konnten.

Viele scheuen sich davor Hilfe anzunehmen

Im gemeinsamen Fluthilfe-Büro von den Maltesern und dem Deutschen Roten Kreuz in Rheinbach konnte Elke Friedrich zwar schon in 600 Fällen helfen, aber sie ist sicher, dass noch viel mehr Menschen Spendengeld gut gebrauchen könnten. Sie glaubt, dass viele gar nicht wissen, dass man es bei ihr beantragen kann. Und nicht nur das: "Es gibt leider Leute, die sich schämen, die davon wissen und die dann leider der Meinung sind, es wäre ehrenrührig, man müsste alles allein schaffen." Das bedauert sie sehr, weil die Menschen, die gespendet haben, das gerne und mit Freude getan hätten.

Noch immer großer Bedarf an Hilfe

Ob Yvonne Kraus und ihre Familie aus Swisttal davon etwas bekommen, weiß sie noch nicht, sie würde sich aber sehr freuen. Davon könnte sie nämlich einen Teil des Kredits abbezahlen. Im Garten ist auch noch viel zu tun - weil hier das Wasser stand, ist der Boden jetzt uneben und buckelig.

Und für die 12-jährige Tochter Lucy wäre es ein kleiner Luxus, von dem Geld ihr geliebtes Hochbeet endlich wieder anlegen zu können.