Ein Schild mit der Aufschrift "Betreten des Grundstücks verboten". Im Hintergrund ist das Tulpenfeld zu sehen.

Tulpen-Touristen sorgen für Verkehrschaos in Grevenbroich

Stand: 15.04.2024, 21:05 Uhr

Nach dem Verkehrschaos rund um das Tulpenfeld in Grevenbroich sperrt die Stadt jetzt die Straße zum Blumenfeld. Auf der Suche nach Fotomotiven hatten ungebetene Gäste Teile des Feldes zertrampelt: mit schweren Folgen für Wildtiere.

Von Cenk Cigdem

Für das perfekte Instagram-Foto im bunten Tulpenmeer knien einige Besucher im Blumenfeld in Grevenbroich. Linke Seite, rechte Seite. Im Sitzen, im Stehen. Vor zwei Wochen beobachten wir das Geschehen am Feldrand. Freunde und Ehemänner rufen ihrem Foto-Modell zu:

"Dreh dich mehr zu mir ein. Riech noch mal an der Tulpe. Zu mir schauen, in die Kamera." Anweisung für ein Instagram-Foto im Tulpenmeer

Polizeieinsätze am Tulpenfeld

Jetzt am Wochenende sind wieder hunderte Tulpen-Touristen zum Blumenfeld bei Grevenbroich gekommen und haben das Betretungsverbot ignoriert. Auf Facebook veröffentlicht die Neusser Polizei am Sonntag ein Foto, das die vielen geparkten Autos zeigt.

Dazu schreibt sie: "Bitte reisen Sie nicht mehr mit dem Pkw an und genießen Sie doch stattdessen das schöne Wetter in einem Park!"

Postings in sozialen Medien belegen, dass das Fotoshooting der Tulpen-Fans zu ziemlich allen Tageszeiten passiert. Auch deshalb hat die Stadt Grevenbroich die Zufahrt zum Feld jetzt für Autos sperren lassen. Obwohl das Parken dort verboten ist, hätten sich vor allem Influencer rücksichtslos verhalten und mit ihren Autos die Straße blockiert.

Zulauf ist Gefahr für Wildtiere

Tulpen-Touristen sorgen für Verkehrschaos in Grevenbroich

Das Farbenmeer zieht jährlich viele Besucher an

Das beobachtet auch die Grevenbroicher Tierschützerin Coco Freudenberg. Mehr als die zertretenen Pflanzen stört sie, dass der Lebensraum der Wildtiere massiv gefährdet wird.

"Die letzten Wochen haben wir danach auch zertrampelte Fasanen-Nester zwischen den Pflanzenreihen gefunden. Ob unwissend oder nicht, für dieses Verhalten fehlt mir jedes Verständnis." Coco Freudenberg, Tiernotruf Grevenbroich

Bereits an dem Wochenende davor hat sie zusammen mit dem Bauern des Feldes versucht, die Besucher auf die Auswirkungen aufmerksam zu machen: Wildtiere wie Rehe versetze das Fotografieren in den Feldern in Panik. Vor zwei Wochen sei das für zwei Rehkitze tödlich geendet.

"Eines wies Bissspuren auf, wohl von einem Hund. Ein weiteres Rehkitz ist wohl verhungert, sagte der zuständige Jäger uns", so Freudenberg. Sie vermutet, dass die Reh-Mutter wegen des hohen Besucheraufkommens am Feld sich nicht an ihre Junge getraut hat. "Es lag zwischen den Tulpen und konnte wohl so nicht ernährt werden, solange die Besucher vor Ort waren." Mutmaßlich mehrere Stunden lang.

Am Montag kam noch ein drittes Rehkitz hinzu, das frisch geboren war. "Es war wohl eine Totgeburt. Normalerweise leckt das Muttertier das Geborene trotzdem sauber, doch das war hier nicht der Fall. Was sehr schade ist, denn manchmal kann das Jungtier so wiederbelebt werden", sagt Freudenberg.

Stillstand vor dem Blumenfeld

Auf dem Feld schlägt die beliebte "Goldene Stunde". Die Linie der geparkten Autos ist länger geworden. Auf der Landstraße 361 geht es weder vor noch zurück.

Viele Autos parken an dem Tulpenfeld

Parkchaos vor dem Tulpenfeld in Grevenbroich

"Raus aus dem Feld", ruft ein aufgebrachter Bauer, der inzwischen mit dem Handy am Ohr die Tulpenreihen abläuft. Und: "Mir reicht es jetzt, ich ruf das Ordnungsamt." Bereits in den vergangenen Wochen ist es mehrfach zu Einsätzen von Ordnungsamt und Polizei gekommen.

Manche ignorieren Anweisungen

Nicht alle zwischen den Tulpen folgen seiner Ansage. Einige gehen ein paar Schritte, warten bis der Bauer weiterläuft und machen weiter auf dem Feld. Mit der Straßensperre am Sonntag ist damit erst mal Schluss. Bis zum Wochenende will die Stadt entscheiden, ob die Straße freigegeben werden kann.

Tierschützerin Coco Freudenberg sagt: "Die Tulpen ziehen eben Menschen an, und das verstehe ich. Aber wenn wir schon so wenig Lebensraum für unsere Wildtiere haben, sollte ein Verbotsschild umso mehr berücksichtigt werden."

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporter vor Ort
  • Pressestelle der Stadt Grevenbroich
  • Coco Freudenberg, Verein Tiernotruf in Grevenbroich

Tulpen-Touristen in Grevenbroich

WDR Studios NRW 15.04.2024 00:42 Min. Verfügbar bis 15.04.2026 WDR Online