Medizinische Versorgung für Menschen ohne Krankenkasse

Lokalzeit aus Bonn 06.12.2023 03:10 Min. Verfügbar bis 06.12.2025 WDR Von Jörg Stolpe

Zum Arzt ohne Krankenversicherung

Stand: 07.12.2023, 15:33 Uhr

In Troisdorf behandeln Ärzte und Pflegepersonal ehrenamtlich Patienten, auch wenn sie keine Krankenversicherung haben. In die Sprechstunde kommen Menschen vom Rande der Gesellschaft. Eine medizinische Fußpflegerin baut das Vertrauen zu den Patienten auf.

Von Jörg Stolpe

Die Fußnägel sind schon lange nicht mehr geschnitten worden. Der Mann schafft es allein nicht mehr. Jetzt macht es Maria Vlekker für ihn.

Von der Fußpflege zum Arzt

Vlekker ist Podologin, also eine medizinische Fußpflegerin und behandelt ihn kostenlos. Sie gehört zum Team von Medipunkt in Troisdorf, einem Projekt der katholischen Kirche. Hier werden Menschen behandelt, die keine Krankenversicherung haben oder sich aus anderen Gründen nicht mehr zu einem Arzt trauen.

Neben der Fußpflege sieht Maria Vlekke ihre wichtigste Aufgabe darin, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. „Dann erfahre ich, welche Probleme sie außerdem haben und biete ihnen an, mal kurz zum Arzt rüberzugehen.“ Denn im Nebenzimmer hält Dr. Ibrahim Hasan Sprechstunde, ebenfalls kostenlos. „Das geht ohne Termin und auf Wunsch auch anonym,“ erklärt der Internist im Ruhestand.

Das Angebot richtet sich vor allem an Obdachlose, Drogensüchtige oder Migranten, die anonym hier leben. In Deutschland besteht zwar eine Behandlungspflicht bei akuten, lebensbedrohlichen Situationen, aber ansonsten sind diese Menschen auf sich gestellt.

„Zu uns können sie jederzeit kommen,“ sagt Projektleiterin Regina Flackskamp. Sie hatte die Idee für das Projekt, musste aber feststellen, dass es sehr schwierig ist, Vertrauen zu den Patienten aufzubauen.

Für ein neues Selbstwertgefühl

Erst als sie die Podologin Maria Vlekker mit ins Team nahm, kamen mehr Patienten. Zur Fußpflege zu gehen, fällt diesen Menschen viel leichter als sich einen Arzttermin zu besorgen. „Die haben oft mit allem abgeschlossen und denken sich: ist doch egal, ob ich lebe oder tot bin,“ hat Vlekker in ihren Gesprächen erfahren.

Aber genau dieses Selbstwertgefühl wolle sie den Menschen wieder zurückgeben. Und wenn nebenan schon ein Arzt sitzt, ist es einfacher, diese Hemmschwelle zu überwinden.

Vlekkers Patient erzählt ihr eher beiläufig, dass er seit ein paar Tagen Husten hat und schlecht Luft bekommt. Er ist spontan bereit, sich von Dr. Hasan untersuchen zu lassen. Der horcht ihn ab: Bronchitis, aber nicht sehr schlimm. Immerhin sei er jetzt mal wieder beim Arzt gewesen, freut sich Dr. Hasan. Und vielleicht kommt er zur nächsten Sprechstunde in einer Woche wieder.

Unsere Quellen:

  • Vor Ort Recherche des Autoren
  • Kirchengemeinde Sankt Johannes Troisdorf